Süddeutsche Zeitung

Philippinen:Mord auf Sendung

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Auf den Philippinen wird der Radiomoderator Juan Jumalon während einer Live-Übertragung erschossen. Über die Hintergründe wird spekuliert.

Von David Pfeifer

Der Präsident der Philippinen gilt nicht als Freund von Journalisten. Ferdinand Marcos jr. gibt so gut wie keine Interviews und schätzt vor allem die ewigen Nachfragen nach den vielen Milliarden Dollar nicht, die seine Eltern nach der Vertreibung seines Vaters ins Exil in die USA geschafft haben. Am vergangenen Sonntag aber verurteilte Marcos jr. öffentlich die Ermordung eines Journalisten und trieb die Polizei an, die Täter vor Gericht zu bringen. "Angriffe auf Journalisten werden in unserer Demokratie nicht geduldet, und diejenigen, die die Pressefreiheit bedrohen, werden die vollen Konsequenzen ihres Handelns zu spüren bekommen", schrieb Marcos in einem Beitrag auf der Plattform X.

Der Nachrichtenmoderator Juan Jumalon, auf den Philippinen bekannt als "DJ Johnny Walker", war erschossen worden, als er am Sonntagmorgen live von zu Hause aus via Facebook auf Sendung war. Ein Video des Angriffs zeigt Jumalon, 57, wie er innehält und nach oben schaut, bevor zwei Schüsse zu hören sind. Dann sackt er in seinem Stuhl zusammen. Sein Tod wurde auf dem Weg ins Krankenhaus festgestellt. Der Angreifer raubte die Goldkette des Opfers, bevor er mit einem Begleiter, der draußen wartete, auf einem Motorrad flüchtete, so die Polizei.

Facebook ist auf den Philippinen quasi gleichbedeutend mit dem Internet. Auf dieser Plattform präsentieren sich Politiker genauso wie Fernsehstars. Und die tägliche Verweildauer vor Bildschirmen ist in dem Inselstaat die längste weltweit. Es sahen also viele Menschen zu, wie Jumalon ermordet wurde, von einem Täter, der vorgab, ein begeisterter Zuhörer zu sein, und sich so Zutritt ins Haus verschafft hatte.

Die Philippinen gehören zu den gefährlichsten Orten für Journalisten

Jumalon ist laut "National Union of Journalists of the Philippines" der 199. Journalist, der seit 1986 getötet wurde, also seit der Vertreibung der Eltern des amtierenden Präsidenten, Imelda und Ferdinand Marcos, und der Wiederherstellung der Demokratie. Die Philippinen haben im asiatischen Vergleich ein liberales Medienumfeld, aber sie sind auch einer der gefährlichsten Orte der Welt für Journalisten, insbesondere in den Provinzen. Im Jahr 2009 erschossen Mitglieder eines politischen Clans bei einem Anschlag in der südlichen Provinz Maguindanao 58 Menschen, darunter 32 Medienvertreter.

Ein Übermaß an nicht lizenzierten Waffen und Privatarmeen, die von diesen Clans kontrolliert werden, sowie eine schwache Strafverfolgung in ländlichen Regionen gehören laut der Nachrichtenagentur Reuters zu den Sicherheitsproblemen, mit denen Journalisten auf den Philippinen konfrontiert sind. Die Medienplattform Rappler berichtete am Montag, dass das National Bureau of Investigation und die Presidential Anti-Organized Crime Commission sich zusammengeschlossen haben, um den Mord an Jumalon aufzuklären. Rappler wird von der Nobelpreisträgerin Maria Ressa betrieben, die selber wegen ihrer Enthüllungen jahrelang von der Regierung von Rodrigo Duterte verfolgt und bedroht wurde. Laut Rappler könnte ein Zusammenhang der Ermordung Jumalons mit der Berichterstattung über die Wahlen in zwei philippinischen Provinzen am 30. Oktober bestehen. Während des Wahlkampfs hatten Journalisten Drohungen von Politikern und ihren Anhängern erhalten.

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