Süddeutsche Zeitung

"Hart aber fair" zu Corona:Wer zuerst zuckt

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Dass man dringend handeln müsse, finden alle Gäste in Plasbergs TV-Runde. Auf konkrete Maßnahmen einigen sie sich nicht. Dafür kommt es kurz vor Ende zu einem überraschenden Konsens in Sachen Karl Lauterbach.

Von Kathrin Müller-Lancé

Die Pandemiepolitik erinnerte in den vergangenen Tagen und Wochen an diese Spiele, mit denen Kinder sich längere Autofahrten oder verregnete Sonntagnachmittage vertreiben: Wer zuerst zuckt, lächelt oder blinzelt, hat verloren. Nur macht die Version "Wer zuerst Maßnahmen ergreift, hat verloren", die die Eigentlich-nicht-mehr- mit der Eigentlich-noch-nicht-Regierung spielt, schon lange keinen Spaß mehr. Auch nicht an diesem Abend bei "Hart aber fair".

"Wer regiert Deutschland im Moment?", fragt Moderator Plasberg am Anfang der Sendung, nur um sich dann, mit hörbarem Pointenstolz, aber doch treffend, selbst zu antworten: "Das Virus."

Dass man "dringend" und "gemeinsam" handeln müsse, darin sind sich die politischen Gäste, Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt, CDU-Parteivorsitz-Aspirant Norbert Röttgen und die designierte Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP), einig. Allein, wohin genau die Reise gehen soll, wird irgendwie nicht klar.

Stattdessen, noch so ein Klassiker in der Vierte-Welle-Talkshow, übt man sich erst mal in gegenseitigen Schuldzuweisungen: "Sie haben in verschiedener Weise dem Staat Handlungsmöglichkeiten verboten", wirft Röttgen Göring-Eckardt und Stark-Watzinger vor. Und meint damit das von den Ampel-Parteien kürzlich geänderte Infektionsschutzgesetz. Es sei dabei nie darum gegangen, die Pandemie für beendet zu erklären, erwidert Stark-Watzinger (worum stattdessen, konkretisiert sie nicht wirklich). Göring-Eckardt attackiert: "Das nervt mich ein bisschen an Herrn Röttgen, der sagt, wir haben doch damals das und das gemacht. Das hat uns in die Situation gebracht, in der wir sind."

Nicht viel Harmonie im Ampel-Bündnis

Die Maßnahmen, die im Laufe der Sendung angesprochen werden, klingen nicht nach viel Harmonie im Ampel-Bündnis. Göring-Eckardt spricht sich für Kontaktbeschränkungen und geschlossene Bars, Clubs, eventuell sogar Restaurants aus, das Wort "Lockdown" will sie sich aber nicht in den Mund legen lassen. Außerdem plädiert sie für eine stufenweise Impfpflicht, am besten mit "einem klaren Termin".

Befragt nach einer allgemeinen Impfpflicht verweist FDP-Politikerin Stark-Watzinger hingegen auf "Abwägungsprozesse" - das sei etwas, worüber man diskutieren und nachdenken müsse. Auf Plasbergs Nachfrage, wie sie persönlich bei einer möglichen Abstimmung im Bundestag votieren würde, bleibt sie bei: "Ich werde mir das anschauen."

Wohltuend eindeutig sind im Gegensatz dazu die Aussagen des Frankfurter Virologen Martin Stürmer. Ihm sei "völlig egal, wer jetzt Lockerungen durchgeführt oder kommuniziert" habe. "Die Kommunikation ist hier das, was sicherlich nicht gut gelungen ist." Jetzt seien klare und einheitliche Signale notwendig, "und das müssen jetzt, und da wiederhole ich mich gerne, die Kontaktbeschränkungen sein".

Kurz vor Ende kommt die Runde dann doch noch zu einem überraschenden Konsens. Es geht um den Posten des Gesundheitsministers, den die SPD noch nicht vergeben hat. Karl Lauterbach, da sind sich alle einig, sei ein respektabler Gesundheitspolitiker, der vielleicht auch keinen schlechten Minister abgäbe. Schade, dass von der SPD gar niemand mitdiskutiert.

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