Game of Thrones: Folge 5 "Die Glocken" im Recap:Keine Helden, nur Verlierer
Lesezeit: 6 Min.
Die finale Konfrontation zwischen Cersei und Daenerys ist da. Doch bei der Schlacht um King's Landing gewinnt niemand.
Von Xaver Bitz
Am 15. April startete die achte und letzte Staffel von Game of Thrones, der Fantasyserie aus dem Hause HBO. Die Episoden laufen immer in der Nacht von Sonntag auf Montag erstmals bei Sky und sind ab Dienstag auch Amazon Prime Video und iTunes verfügbar. Auf SZ.de besprechen wir die einzelnen Folgen direkt nach Erscheinung. Achtung, Spoilergefahr!
Folge 5: Die Glocken
Was wir erwartet haben:
Die Reaktionen auf die vierte Folge waren, vorsichtig formuliert, ausbaufähig. Klar: Daenerys hätte sehen können/müssen, dass die Flotte von Euron unter ihr umherschifft und eine potentielle Gefahr darstellt. Und dass Missandei die Gefangenschaft durch Cersei nicht überleben wird, war auch zu erwarten. Abseits von alldem war da natürlich noch die Sache mit dem Kaffeebecher... Besonders in der zweiten Hälfte von "Die Letzten der Starks" wurde aber klar, dass Game of Thrones wieder zu seinen Wurzeln zurückkehrt: zu beinharter Real- und Machtpolitik.
Also genug lamentiert. Es sind schließlich nur noch zwei Folgen. Und auf die Leere nach dem Ende der Serie haben sicher die wenigsten Lust. Freuen wir uns also auf das, was noch kommen könnte: Miguel Sapochnik führt bereits zum zweiten Mal in der letzten Staffel Regie. Zuvor drehte er "Die lange Nacht". Es könnte also wieder atemberaubend werden. Wichtige Fragen unter anderem: Wird Daenerys eine Lösung für die Lannister-Ballisten (also die Artillerie-Version von Armbrüsten) finden? Wird Euron sich vielleicht doch noch wundern, wie Tyrion wissen kann, dass seine, Tyrions, Schwester wieder schwanger ist? Außerdem sind mit dem Hound, Arya und zuletzt Jaime drei Protagonisten gen Süden unterwegs, die auf unterschiedliche Weise Rechnungen mit Cersei offen haben. Und auch der Norden wird in Person von Sansa und Bran, eventuell auch Tormund (und Ghost!) noch etwas zu sagen haben.
Was passiert ist:
Eines eint die Königinnen Cersei und Daenerys inzwischen: Ihre Verbündeten und ihr Volk sind beiden herzlich egal. Eine Eigenschaft, die sie von dem König trennt, der keiner sein will, aber wohl jede Wahl dazu gewinnen würde. Doch ob Jon Snow seine Loyalität zu seiner Tante noch allzu lange durchhalten kann oder will, darf nach dieser Folge bezweifelt werden.
In Westeros kann man offenbar nur sehr schnell reisen, nämlich mit dem Drachen oder per Schiff - oder sehr langsam, nämlich auf dem Landweg. Nachdem Jon im nichtsdestotrotz rekordverdächtigem Tempo seine Truppen nach Süden geschafft hat, geht es nach kurzem Hinrichtungs-Zwischenstopp auf Dragonstone direkt weiter nach King's Landing, um dort Tatsachen zu schaffen.
All das Zureden von Tyrion und der nächste (vielleicht sein letzter) Verrat bringen nichts: Daenerys greift an. Sie hat die Schwächen der Drachen-Abwehr erkannt: die Trägheit beim Zielen. Ein wenig komisch ist es aber schon, dass die Riesen-Armbrüste in der letzten Folge noch recht problemlos Drache zwei vom Himmel pusten konnten. Drache drei ist in dieser Gefahr nicht mehr.
Die Verteidiger von Cersei sind nach der Hälfte der Folge geschlagen, erkennen das auch und ergeben sich. Doch Daenerys und ihre Truppen wollen keine Gefangenen. Und offenbar auch keine Untertanen. Denn die folgende Zerstörung der Hauptstadt ist nicht nur unnötig, sondern auch grausam. Vielleicht will die Drachenkönigin ihrer Kontrahentin auch nicht die Chance geben, Zivilisten als menschliche Schutzschilder zu benutzen (was definitiv ihr Plan war), doch das Problem hätte man auch mit weniger Opfern lösen können.
Währenddessen versuchen sowohl Jaime als auch Arya und der Hound in die Zitadelle zu kommen. Letztere haben dabei schneller Erfolg, doch die jüngste Stark-Tochter wird von ihrem Begleiter ein letztes Mal gerettet und nach Hause geschickt. Und Cerseis Bruder gelangt zwar über Umwege zu ihr, wird aber auf dem Weg noch vom zwischenzeitlichen Liebhaber Euron tödlich verwundet. Den Inselmann erledigt er allerdings mit letzter Kraft und setzt nach dessen Ansicht damit einen weiteren König auf seine Liste. Ein wenig schwer fällt es auch zu glauben, dass seine Gefühle für Brienne nur vorgespielt waren. So enden die beiden wiedervereint in den Trümmern der Burg.
Und Jon? Der will mit dem Massaker an sich ergebenden Lannister-Truppen nix zu tun haben. Zwar verteidigt er sich, als er angegriffen wird, doch versucht er auch seine Leute zurückzuhalten und beschützt die Schwachen. Schließlich befiehlt er seinen Mannen den Rückzug. Die Schlacht gegen Cersei ist gewonnen. Doch der Preis ist für jeden zu hoch.
Was der Folgentitel "Die Glocken" bedeutet:
Die letzte Hoffnung Tyrions, seine Schwester zu retten, ist deren Flucht. Bis zum Schluss versucht er, Daenerys von der totalen Zerstörung der Hauptstadt und zehntausenden unschuldigen Opfern abzuhalten. Dabei hofft er aber nicht nur auf Cersei, sondern auch auf deren Untergebene. Letztere haben zwar die Einsicht, dass kämpfen nichts bringt, doch als die Glocken von King's Landing läuten, bringen sie Daenerys und Drogon nur dazu, kurz durchzuschnaufen.
Daran wird man sich bei dieser Folge erinnern:
Die Transformation zur verrückten Königin ist bei Daenerys abgeschlossen. Zwar erkennt sie den Verrat von Varys und kann auch die Weitersage-Kette bis Sansa richtig identifizieren. Doch ihr Schluss daraus ist: Alle sterben. Die Exekution von Varys ist noch rational nachvollziehbar, ihre Taktik beim Zerstören der drachentötenden Lannister-Ballisten ebenfalls. Doch danach tritt sie leider das Erbe ihres irren Vaters an. Das Feuer Drogons macht weder vor Freund, noch vor sich ergebenden Feinden, noch vor den Zivilisten Halt. "Ich habe keine Liebe hier, nur Furcht", sagt sie zu Jon Snow vor der Schlacht. Bei dieser Art der Kriegsführung kein Wunder.
Bester Auftritt:
Zwei, die liebgewonnene Mitmenschen retten wollen: Noch vor der Schlacht bittet Tyrion seinen von den Unsullied gefangenen Bruder Jaime, sich mit seiner Schwester in Sicherheit zu bringen. Dabei geht es ihm nicht nur um den Schutz der Zivilbevölkerung. Sondern vor allem um die Familie, worauf sein Vater Tywin sicher stolz wäre. "Wenn du nicht gewesen wärst, hätte ich meine Kindheit nicht überlebt", dankt er seinem großen Bruder und befreit ihn - der nächste Verrat an seiner Königin.
Ebenfalls rührend: Der Hound schickt Arya von ihrer potentiellen Suizid-Mission heim. Sie will nicht wie er ein nur noch von Rache getriebener Mensch sein. Schauen wir mal, wie lange das noch andauert. Denn Aryas Todesliste ist nach dieser Folge vermutlich länger geworden.
Wir mochten Greyworm lieber, als er noch...
Ehre hatte. An Loyalität zu Daenerys fehlt es dem Anführer der Unsullied nicht. Aber man würde sich ein wenig mehr Nachdenken über die Befehle wünschen, die er da ausführt. Zugegeben: Auch er ist in Trauer um Missandei. Aber Soldaten abschlachten, die sich schon ergeben haben? Das muss nicht sein. Und ob er die totale Zerstörung von King's Landing überlebt hat, ist auch nicht klar.
Wen wir vermisst haben:
Den ganzen Norden. Intrigenspinnerin Sansa, die eine gute Schülerin von Petyr Baelish ist, der allsehende Bran, Brienne, Tormund, Sam und Gilly, Ghost. Zwar ist es dort kälter, aber irgendwie auch vernunftgesteuerter. Selbst Daenerys konnten sie noch eine Zeit lang in Zaum halten. Aber wer weiß: Ohne Nachtkönig hätte das vermutlich auch nicht geklappt. Und was treibt eigentlich Bron so? Stand jetzt dürfte er keine der versprochenen Burgen bekommen.
Wir müssen uns verabschieden von:
Das Spinnennetz ist zerschlagen: Zwar versucht Varys bis zum Schluss so gut wie alles, um für das große Ganze zu arbeiten, doch auch bei Jon stößt er auf Granit. Und seine Königin setzt das um, was sie ihm noch in Meereen versprochen hat: Verrat wird mit dem Tode bestraft. Immerhin gibt es noch einen Abschied von Tyrion.
Auch für Euron hat das letzte Stündlein geschlagen. Der professionelle Unsympath überlebt zwar die Luftschläge von Daenerys auf seine in der letzten Folge noch unbezwingbare Flotte, wird aber danach zum Opfer seiner eigenen Überheblichkeit. Denn er piesackt Jaime im Duell lieber mit spätpubertären Sprüchen, als ihm den Rest zu geben.
Die Brüder Clegane liefern in ihren letzten Minuten noch das lang ersehnte Clegane-Bowl, bei dem auch Cerseis Hand Qyburn ein unrühmliches Ende findet. Ob man allerdings sagen kann, dass beide beim Sturz von der roten Festung herab sterben? Denn Cerseis Leibwächter hat vielleicht noch Erinnerung an seinen Bruder, allerdings kann ihn ja nichtmal ein Dolch durch den Kopf töten. Wirklich am Leben ist er also auch vor dem Duell nicht mehr. Jetzt sind sie aber ziemlich sicher beide tot.
Wie es bei Game of Thrones weitergeht:
Nach dieser Folge gibt es keine Sieger. Daenerys hat zwar ihr Ziel erreicht und kann endlich auf dem Thron Platz nehmen. Doch war es das wert? Und wie lange hält das an? Von ihrer Perspektive aus befinden sich Sansa, Jon und Tyrion in höchster Gefahr. Sie hat noch Drogon, und die Verluste in ihren Truppen dürften sich in Grenzen halten. Mit normalen Mitteln ist sie nicht mehr zu schlagen. Doch vielleicht sind die unnormalen - sprich übernatürlichen - noch nicht ausgereizt. Möglicherweise hat Bran noch etwas in der Hinterhand und auch Arya hat ja ihre ganz eigenen Tricks. Und da wir den Tod von Cersei und Jaime nicht explizit gesehen haben, sollte man sie auch noch nicht endgültig abschreiben.