Süddeutsche Zeitung

Blogger gegen AOL:Sie sind so frei

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Mehr als 3000 unbezahlte Beiträge sind genug: Eine Gruppe von Bloggern verklagt nun die Huffington Post und AOL. Entrüstet über den stattlichen Verkaufserlös des Portals an AOL, verlangen sie jetzt nachträgliche Honorierung ihrer Beiträge.

Reymer Klüver

Arianna Huffington hat eigentlich nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie meint, Bloggern einen Gefallen zu tun, wenn sie diese in der Huffington Post hat schreiben lassen. "Wir zahlen für Reportagen, nicht für Meinungen", pflegt Amerikas wohl bekannteste - und inzwischen auch wohlhabendste - Blog-Meisterin zu sagen, um Honoraranfragen öffentlich abzuschmettern. Die Blogger sind ihrer Auffassung nach "Freiwillige", und sie bietet ihnen das Forum, das diese sonst nicht hätten. Doch darüber könnte die Unternehmerin bald nicht mehr allein zu befinden haben: Eine Gruppe von Bloggern hat eine Sammelklage gegen die Huffington Post, gegen Huffington selbst und den neuen Eigner des linken Vorzeige-Portals, AOL, eingereicht.

Die Kläger verlangen nach Informationen des Wirtschaftsmagazins Fortune eine nachträgliche Honorierung für ihre Beiträge. Hintergrund ist der Verkauf der Huffington Post Anfang Februar an AOL für nicht weniger als 315 Millionen Dollar. Bereits damals löste die 60-jährige Huffington einen Sturm der Entrüstung bei vielen ihrer Blogger aus, als sie eine Beteiligung an dem stattlichen Verkaufserlös brüsk beiseitewischte. Etliche Autoren kündigten daraufhin an, ihre Tätigkeit für das vor sechs Jahren gegründete Portal einzustellen. Bisher hatte die Website mehr als 3000 - unbezahlte - Beiträge.

Organisiert wurde die Klage nun offenbar von dem Journalisten und Gewerkschafter Jonathan Tasini, der bereits seit 2005 für die Huffington Post geschrieben hatte. Drei Tage nach dem Verkauf an AOL kündigte er seine Mitarbeit auf. Es ist nicht das erste Mal, dass Tasini zumindest gegen AOL gerichtlich vorgeht. Bereits 1999 hatten Chatroom-Moderatoren AOL auf Bezahlung verklagt.

Auch damals hatte Tasini die Klage organisiert, die erst nach zehn Jahren mit einem außergerichtlichen Vergleich und der Zahlung von 15 Millionen Dollar an die Moderatoren endete. Auch die New York Times hat Tasini, der zeitweise Chef der National Writers Union, einer Gewerkschaft freier Journalisten, war, bereits verklagt. Mit Erfolg: Die freien Mitarbeiter bekamen 18 Millionen Dollar als Anteil an ihrem Copyright für von der Times vermarktete Beiträge ausgezahlt.

Aktuell sieht es nicht so aus, als würden Huffington und AOL schnell nachgeben. Erst vor einem halben Jahr hatte die in den USA bekannte Bürgerjournalistin Mayhill Fowler ihren Abschied vom Schreiberposten bei der Huffington Post genommen - unter anderem, weil ihre Arbeit nicht honoriert wurde. Sie hatte der Website deren wohl erfolgreichste Story verschafft, als sie über eine Bemerkung des damaligen Präsidentschaftskandidaten Barack Obama schrieb, in dem er weiße Wähler in Pennsylvania als verbittert abtat - ein Satz, der ihn fast die Wahl gekostet hätte.

Tatsächlich war Fowler nie bei der Huffington Post angestellt. Das kühle Statement der Firma damals: "Wie kann sie einen Job aufgeben, den sie nie innehatte?"

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Quelle:
SZ vom 13.04.2011
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