Süddeutsche Zeitung

Betrug beim ZDF:Plötzlich Nummer eins

Lesezeit: 2 min

Merkel oder Müller? Bei der ZDF-Show "Deutschlands Beste!" wurde betrogen und Ergebnisse wurden weggelassen. Jetzt hat sich herausgestellt, welche Favoriten die Online-Abstimmung und der "Hörzu"-Leseraufruf ergeben hatten. Die Ergebnisse unterscheiden sich zum Teil gewaltig.

Von Friederike Zoe Grasshoff

Vor knapp zwei Wochen hatte das ZDF Angela Merkel und Helmut Schmidt zu den beliebtesten Deutschen erklärt - dass beim Ranking der Show Deutschlands Beste! geschlampt und betrogen wurde, musste der Sender inzwischen einräumen. Am Montag nun gab das ZDF auf SZ-Anfrage die Gewinner der Online-Umfrage und des Hörzu-Leseraufrufs bekannt, diese Werte waren in der Show nicht berücksichtigt worden.

Und tatsächlich unterscheiden sich die Ergebnisse zum Teil gewaltig: Online landete anstelle der Kanzlerin die Sängerin Ina Müller auf Platz eins, in der Show war sie auf Platz 33. Auf Platz zwei wählten die Online-Voter Schlagersängerin und ZDF-Gesicht Helene Fischer, die das Endergebnis auf Platz fünf gerankt hatte. Sängerin Lena Meyer-Landrut schaffte es online auf Platz drei, in der Show kam sie nicht einmal unter die 50 beliebtesten deutschen Frauen.

Bei den Männern wurde Gerhard Schröder liebster Deutscher (Platz 23 in der Show). Zweitbeliebtester wurde RTL-Chefredakteur Peter Kloeppel, die für das Endergebnis entscheidende, manipulierte Forsa-Umfrage sah ihn auf Platz 39 - das ZDF räumte am vergangenen Freitag ein, dass ihm eigentlich Platz 27 zugestanden hätte. Stattdessen hievten die Verantwortlichen ZDF-Moderator Claus Kleber von Platz 39 auf Platz 28, um den geladenen Show-Gast zur besten Sendezeit noch etwas besser dastehen zu lassen. Auf der Online-Liste stehen auch Heidi Klum, Campino und Heino, die im offiziellen Ranking nicht vorkamen.

Wie das ZDF in der vergangenen Woche erklärt hatte, war die Abstimmung über die 100 Besten im Netz wegen eines "starken Einflusses von Fangruppen" letztlich nicht berücksichtigt worden. Ob es sich bei diesen etwas zu meinungsstarken Gruppen nun um Fans von Lena Meyer-Landrut oder Heino handelte, hat das ZDF bisher nicht bekannt gegeben.

Die Ergebnisse der Hörzu-Umfrage weichen zwar auch vom Endergebnis ab, doch nicht ganz so eklatant wie die der Online-Umfrage. Die Hörzu-Leser wählten Altkanzler Helmut Schmidt und Kanzlerin Angela Merkel jeweils auf den ersten Platz, hier stimmt das Ergebnis mit dem aus der Show überein. Doch: Auf Platz zwei hätte nach Ansicht der Hörzu-Leser Pfarrerin Margot Käßmann gehört, in der Show kam sie nur auf Platz 14.

Das ZDF hatte die Ergebnisse des Online-Votings und des Leseraufrufs deshalb nicht berücksichtigt, weil diese intern nicht mit der repräsentativen Forsa-Umfrage zusammenpassten. Später wurde auch die Forsa-Liste manipuliert. Personelle Konsequenzen hat das ZDF bisher nicht gezogen.

Abträglich für die Glaubwürdigkeit des ZDF

Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Fernsehrats des Mainzer Senders, kündigte am Montag an, das Gremium werde sich mit dem Fall befassen - der zuständige Programmausschuss bereits in einer "zeitnahen Sondersitzung". Der Vorfall sei sehr abträglich für die Glaubwürdigkeit des ZDF. Polenz forderte in einem Brief an den Programmausschuss Programmdirektion, Klarheit darüber zu schaffen, wer die Veränderungen des Rankings vorgenommen oder veranlasst habe. Außerdem müsse die Frage beantwortet werden, wer zu welchem Zeitpunkt von der Manipulation des Rankings gewusst habe und was eigentlich der Grund für diese Auf- und Abstufungen gewesen sei. Polenz kündigte "strukturelle Konsequenzen" an, um einen derartigen Vorfall künftig zu vermeiden.

Polenz ist nicht der einzige, der Konsequenzen fordert: CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer, der auch Mitglied des ZDF-Fernsehrates ist, sagte am Montagabend: "Alles, was im ZDF mit Umfragen, Rankings oder Hitlisten präsentiert wird, muss unter notarielle Aufsicht gestellt werden." Und weiter: "Nach so einem ZDF-Gate helfen nur totale Transparenz und intensive Kontrollen auch durch Gremien."

Linktipps: Hier finden Sie die vollständigen Listen der Hörzu-Leserumfrage für die Frauen sowie die Männer. Das Ergebnis des Online-Votings für Frauen und Männer ist ebenfalls einsehbar. Die in der Show schließlich präsentierten Rankings finden sich hier und hier.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2046980
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.07.2014
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.