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Streit um Filmemacher:Erscheint Woody Allens Biografie in Deutschland?

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Von David Steinitz

Wie der Rowohlt-Verlag am Montag mitteilte, ist unklar, ob die Autobiografie des Filmemachers Woody Allen, 84, wie geplant am 7. April in Deutschland erscheinen kann: "Der amerikanische Verlag hat die Rechte an den Autor zurückgegeben. Daher klären wir derzeit - wie die anderen europäischen Verlage - die Rechtslage."

Zuvor hatte die US-Verlagsgruppe Hachette, welche das Buch ursprünglich erworben und Lizenzen unter anderem nach Deutschland, Spanien und Italien verkauft hat, die Veröffentlichung der Biografie in den USA abgesagt - obwohl das Buch bereits gedruckt ist. Grund waren heftige Proteste von Hachette-Mitarbeitern sowie des ehemaligen Hachette-Autors Ronan Farrow. Er ist der Sohn von Woody Allen und dessen Exfreundin Mia Farrow. Sie beschuldigt Allen, die gemeinsame Adoptivtochter Dylan 1992 sexuell missbraucht zu haben, als diese sieben Jahre alt war. Allen bestreitet die Vorwürfe und beschuldigt Farrow, die Angelegenheit im Kampf um das Sorgerecht für die drei gemeinsamen Kinder erfunden zu haben.

Stephen King: "Was mir Sorgen bereitet, ist, wer als nächstes einen Maulkorb verpasst bekommt"

Der Rückzieher von Hachette war insofern ungewöhnlich, als seit damals Aussage gegen Aussage steht und es seit knapp drei Jahrzehnten keinerlei neue Beweise für Schuld oder Unschuld gibt. Weshalb man sich fragen kann, wieso der Verlag sich nicht schon vorher genau überlegt hat, ob er mit Allen zusammenarbeiten will oder nicht.

Anschließend hieß es von Rowohlt, man wolle trotzdem wie geplant am deutschen Termin für das Buch, das gerade übersetzt wird, festhalten. Daran änderte offenbar auch der offene Brief nichts, in dem einige Rowohlt-Autoren gegen das Vorhaben des Verlags protestieren. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Sascha Lobo, Kathrin Passig und Margarete Stokowski, die in dem Schreiben mit einer für diesen undurchsichtigen Fall erstaunlichen Selbstsicherheit die Seite der Familie Farrow einnehmen.

International regt sich unter Künstlern bereits Widerstand und scharfe Kritik am US-Verlag Hachette, Allen fallen zu lassen. Denn auch für ihn gelte die Unschuldsvermutung als wichtige Säule des Rechtsstaats. Der Bestsellerautor Stephen King zum Beispiel twitterte: "Die Hachette-Entscheidung stimmt mich sehr unbehaglich. Es geht mir nicht um Allen, der ist mir egal - was mir Sorgen bereitet, ist, wer als Nächstes einen Maulkorb verpasst bekommt."

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SZ vom 10.03.2020
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