Süddeutsche Zeitung

Architektur:Venedig rüstet sich gegen die Flut

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Eine gläserne Mauer um den Markusdom, ein hydraulischer Damm, eine elektronische Lenkung der Besucherströme: Venedig hat Pläne vorgestellt, wie die Stadt sich gegen Hochwasser schützen will.

Von Thomas Steinfeld

Venedig ist eine Stadt, in der unablässig daran gearbeitet wird, einem objektiven Widerspruch eine für alle Seiten erträgliche Form zu geben: dem Gegensatz zwischen dem vor allem ökonomischen Interesse, den Tourismus zu fördern, und der Notwendigkeit, die Stadt zu erhalten. Ob aus den vielen Ideen, die aus diesem Widerspruch entstehen, tatsächlich etwas wird, hängt dann davon ab, als wie unerträglich die Situation jeweils empfunden wird. So ist es auch mit dem jüngsten Projekt: dem Bau einer gläsernen Barriere, die, etwa 1,20 Meter hoch, den Markusdom umschließen soll, jedenfalls an den Stellen, über die Wasser in den Innenraum und in die Krypta fließen kann. Gut drei Millionen Euro sollen die zum Teil demontierbaren Glaswände kosten, aufgestellt werden könnten sie etwa in einem halben Jahr. Allerdings muss das Vorhaben, hinter dem vor allem das Patriarchat (also das Erzbistum Venedig) zu stehen scheint, noch die technischen und politischen Gremien passieren, bevor es Wirklichkeit werden kann.

Mit großer Eile wird unterdessen die Fertigstellung des hydraulischen Damms vorangetrieben, der Venedig in den kommenden Jahrzehnten vor extremem Hochwasser schützen soll. Ein erster Probelauf Mitte Januar soll zufriedenstellend verlaufen sein, eine vorläufige Inbetriebnahme ist für Ende Juni angekündigt, vorausgesetzt, der Pegel steigt nicht mehr als bis zu 1,40 Meter über Normalhöhe, was im Sommer ohnehin nicht wahrscheinlich ist. Frühestens im kommenden Herbst wird sich dann erweisen, inwieweit die Befürchtungen zutreffen, dass der Damm einen tiefen Eingriff nicht nur in die Strömungsverhältnisse, sondern in die gesamte Ökologie der Lagune bedeuten wird.

Und auch von den immer wieder neu aufgelegten Vorhaben, die Besucher Venedigs zu zählen, zu lenken und sogar ein Eintrittsgeld für die historische Stadt zu erheben, gibt es Neues zu berichten: Der Versuch, zu diesem Zweck Drehkreuze in der Nähe des Bahnhofs zu betreiben, ist aufgegeben. Stattdessen sollen jetzt 34 Sensoren an den meistbesuchten Stätten installiert werden. Ob daraus etwas Verwendbares oder gar Nützliches entsteht, ist nicht gewiss.

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SZ vom 24.01.2020
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