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"Väter und andere Katastrophen" im Kino:Zwischen irren Männern

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Bernard erfährt, dass er eine Tochter hat und findet über Umwege den Mann, der sich für ihren echten Vater hält. Was beide Männer nicht wissen: Chloé steht kurz vor ihrer Hochzeit - und sucht dafür den passenden Brautvater. Nun muss sie sich zwischen einem kleinen Säufer und einem neurotischen Großindustriellen entscheiden.

Susan Vahabzadeh

Seine Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen. Chloé (Olivia Ruiz) hat immerhin zwei Väter, was ja durchaus eine Auswahl bedeuten könnte - aber sie hat das Schlechteste aus zwei Welten erwischt: einen kleinen Säufer und einen neurotischen Großindustriellen.

Letzterer, Bernard (François Berléand), bekommt erst spät im Leben überhaupt heraus, dass er ein Kind hat, Chloé eben. Über einen kleinen Umweg taucht er dann doch noch in ihrem Leben auf, er findet ein paar Briefe im Nachlass seiner verstorbenen Frau, treibt den Mann auf, der Chloé aufgezogen hat und sich auch für ihren Vater hält, Gustave (Gérard Jugnot) - und befreundet sich mit ihm.

Sie fahren zu Chloé und geraten dort in ein Casting: Sie besetzt gerade die Rolle ihres Vaters für ihre bevorstehende Hochzeit, wild entschlossen, ihrem amerikanischen Bräutigam eine heile französische Welt vorzuspielen. Gustave bringt sich selbst als Koch und Bernard in der Vaterrolle unter - dass der wirklich ihr leiblicher Vater ist, weiß Gustave nicht.

Nicht über Kacheln gehen

Martin Valente hat mit "Väter und andere Katastrophen" zwar nicht den ganz großen Wurf hinbekommen, aber doch zwei liebenswerte Chaoten porträtiert - und sie mit zwei großen Veteranen sehr gut besetzt, Jugnot, der einst mit den legendären "Bronzés"-Klamotten bekannt wurde, und dem feinsinnigen Berléand. Der verzieht keine Miene zu viel; sein Bernard pflegt stoisch eine Reihe von Ticks: Er lebt seit dreißig Jahren in England, wo ihm ein Übersetzer permanent ins Ohr haucht, weil er gerne so tut, als könne er kein Englisch; und er kann nicht über Kacheln gehen, was bei einer kirchlichen Trauung ein echtes Problem werden könnte.

Für beide Männer ist das ganze Theater - so soll es in ordentlichen Komödien ja sein - eine bittersüße Erfahrung. Für den verleugneten Gustave so sehr wie für den reichen Stockfisch Bernard, der als vermeintlicher Schauspieler erst mal gesagt bekommt, dass er alles ist, was seine Tochter nicht mag. Dafür mag ihr Zukünftiger beide. Das ist vielleicht die schönste Pointe an diesem Film: die Frau in der Mitte, zwischen lauter irren Männern - und nur einen hat sie sich ausgesucht.

UN JOUR MON PÈRE VIENDRA, F 2011 - Regie: Martin Valente. Buch: M. Valente, Gianguido Spinelli. Kamera: Pierre-Yves Bastard. Mit: Gérard Jugnot, François Berléand, Olivia Ruiz, Jamie Bamber Griffith, Laurence Arné. Camino Filmverleih, 99 Minuten.

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Quelle:
SZ vom 05.05.2012
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