Süddeutsche Zeitung

Ukrainische Stadt Odessa:Weltkulturerbe beschädigt

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Bei einem Angriff auf das historische Zentrum von Odessa wurden eine Kathedrale und Museen getroffen, zwei Menschen starben.

Von Sonja Zekri

Der russische Angriff auf die Altstadt der ukrainischen Hafenstadt Odessa hat im Westen Empörung ausgelöst. Die Einschläge trafen die Stadt im Süden der Ukraine in der Nacht von Samstag auf Sonntag, töteten zwei Menschen, verletzten mehr als zwanzig weitere und zerstörten oder beschädigten Bauten nahe der berühmten Treppe im historischen Zentrum. Die Altstadt war erst im Januar in einem Eilantrag in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen worden. Im Internet waren Bilder der zerstörten Verklärungskathedrale zu sehen, einem 1794 errichteten Sakralbau, der von der Sowjetunion 1936 zerstört und 2003 wiedererrichtet worden war. Die Aufnahmen zeigen aufgerissenen Kuppeln, eingestürzte Mauern, den zerstörten Altar und Ikonen, die aus den Trümmern geborgen wurden. Die Kathedrale ist die größte orthodoxe Kirche der Stadt. Sie gehört zur Ukrainisch-Orthodoxen Kirche, die sich vor Kurzem vom Moskauer Patriarchat losgesagt hatte. Der russische Patriarch Kirill hatte die Kirche 2010 besucht.

Präsident Selenskij will nach dem Angriff "das russische Böse besiegen"

Nach Angaben der Unesco wurden in Odessa außerdem das Archäologische Museum, das Flottenmuseum und das Literaturmuseum betroffen. Die Organisation verurteilte die Angriffe und warnte vor einer wachsenden Bedrohung für die ukrainische Kultur. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij erklärte am Morgen, die Ukraine werde "Vergeltung gegen die russischen Terroristen" üben: "Wir müssen das russische Böse besiegen." Auch die deutsche Kulturstaatsministerin Claudia Roth zeigte sich empört über den Angriff. Russlands Krieg gelte allen Bereichen der ukrainischen Gesellschaft und Demokratie, insbesondere der eigenständigen Kultur.

Über die Rolle der ukrainischen Kultur in Zeiten des Krieges hatte es zuletzt Konflikte gegeben. Kulturminister Oleksandr Tkatschenko war erst vor wenigen Tagen zurückgetreten, weil er unter anderem ambitionierte, teure oder als unangemessen empfundene Kulturprojekte wie TV-Komödien geplant hatte. In Zeiten des Krieges seien Drohnen wichtiger als Museen, hatte Selenskij bemerkt. Andererseits betrachten die Ukrainer Russlands Krieg auch als einen Versuch, ihre Kultur, Sprache und eigenständige Identität auszulöschen.

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