Süddeutsche Zeitung

Deutscher Tanzpreis:Doppelt spitze

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Der Deutsche Tanzpreis geht erstmals an zwei Gewinner: An Marco Goecke und Christoph Winkler. Reinhild Hoffmann wird für ihr Lebenswerk ausgezeichnet.

Von Dorion Weickmann

Zum ersten Mal in den knapp 40 Jahren seines Bestehens wird der Deutsche Tanzpreis gleich doppelt vergeben: Wie der auslobende Dachverband Tanz Deutschland in Berlin bekannt gab, erhalten die Choreografen Marco Goecke und Christoph Winkler diese wichtigste Auszeichnung der Sparte. Damit geht sie an zwei exzellente Künstler aus West- und Ostdeutschland, aus Ballett und zeitgenössischem Tanz. Über alle Unterschiede hinweg bereichern Goecke und Winkler das Theater mit unverwechselbaren Arbeiten und Signaturen, die in den Untiefen der Gegenwart wurzeln.

Goecke, seit 2020 Ballettdirektor in Hannover, treibt die klassische Formsprache über traditionelle Grenzen hinaus und überschreibt sie mit abgründigen Inhalten und hochdosierter Energie. Seine Inszenierungen wirken halb manisch, halb melancholisch aufgeladen und glänzen zugleich mit technischer und ästhetischer Virtuosität. Kompanien von Den Haag bis Monaco haben Goeckes Schöpfungen im Repertoire, längst gehört der gebürtige Wuppertaler zu den Größen der internationalen Theaterlandschaft.

Christoph Winkler zählt zu den produktivsten und profilitertesten Tanzmachern der freien Szene, sein Ansatz ist politischer und persönlicher Natur. Der in Torgau geborene, mit Breakdance und Martial Arts sozialisierte Choreograf ist ein Gesellschaftsanalytiker, der protofaschistische Tendenzen ebenso auseinandernimmt wie die Radikalisierung der RAF oder familiäre Problemgeflechte. Gerade erst hat Winkler mit environmental-dance.com eine Website gestartet, die Tanz- und Umweltfragen zusammendenkt.

Zu den beiden mit jeweils 10 000 Euro dotierten Auszeichnungen kommen zwei weitere, ebenfalls zurecht vergebene Preise. Eine Ehrung für "herausragende Entwicklung im Tanz" bekommt der Verein "Aktion Tanz - Bundesverband Tanz in Bildung und Gesellschaft", der sich vor allem für Kinder- und Jugendarbeit stark macht. Die Tanztheater-Doyenne Reinhild Hoffmann, gemeinsam mit Pina Bausch und Susanne Linke eine Pionierin des Fachs, wird für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. Mithin für so grandiose Stücke wie "Könige und Königinnen" oder "Callas", die in den Achtzigerjahren für Aufbruchstimmung sorgten und neue Perspektiven eröffneten. Die Preise werden am 15. Oktober in Essen verliehen.

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