Süddeutsche Zeitung

Südkoreas Rapper Psy:König von Youtube

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Zu seinen Fans zählen Barack Obama, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und so gut wie jeder Teenager und jedes Kindergartenkind: Der südkoreanische Rapper Psy ist der berühmteste Künstler der Welt, zumindest gemessen an seiner Popularität bei Youtube. Sein Erfolgsrezept: Beklopptheit mit allem gebotenen Ernst.

Von Jens-Christian Rabe

Die Rede von der in alle Richtungen zerstreuten Aufmerksamkeit im Internet und dem damit einhergehenden Zerfall der Öffentlichkeit ist sehr populär. Tatsächlich kann das Netz ein großes Biotop des Eigensinns sein. Wenn sich aber der digitale Mob, der ungeduldigen User, zu dem fast alle tagtäglich gehören, einmal einig ist, dann nimmt geteilte Erfahrung heute unvorstellbare Ausmaße an.

Die Währung dieser neuen globalen Aufmerksamkeit heißt "Youtube-Views" - und ihr vorerst unangefochtener König Psy. Das Video zu seiner neuen Single "Gentlemen", das seit Samstag weltweit abrufbar ist, wurde laut Youtube innerhalb von 24 Stunden 20 Millionen Mal angeklickt. Rekord. Bis Dienstag waren es schon mehr als 89 Millionen Views (in Deutschland ist das Video wegen des Streits zwischen Youtube und der Gema nur bei anderen Videoplattformen zu sehen).

Mitte des vergangenen Jahres war Psy noch ein vor allem in Südkorea bekannter Pop-Entertainer und Rapper. Dann veröffentlichte der damals 34-Jährige, der eigentlich Park Jae-sang heißt, das Video zu seinem Song "Gangnam Style". Die Dinge nahmen ihren digitalen Lauf. Seit dem 21. Dezember ist der Clip das erste Youtube-Video, das über eine Milliarde Mal aufgerufen wurde. Anfang April hatte es sogar schon über 1,5 Milliarden Views.

Man kann also wohl guten Gewissens sagen, dass Park Jae-sang alias Psy im Moment der berühmteste Künstler der Welt ist. Vielleicht sogar der berühmteste lebende Mensch. "Gangnam Style" und der dazugehörige Tanz, der darin besteht, dass man so tut, als reite man sehr selbstbewusst auf einem sehr kleinen Pferd, ist längst nicht nur jedem Teenager ein Begriff, sondern auch jedem Kindergartenkind. Und der amerikanische Präsident Barack Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon haben sich auch schon als Fans bekannt.

Angesichts der Tatsache, dass sowohl "Gangnam Style" als auch "Gentlemen" eher sehr unsubtil stampfender Dance-Pop sind, mag mancher diesen gigantischen Erfolg bedauern. Wer jedoch den Mitschnitt von Park Jae-sang Rede im November vor der Oxford Union, einem Debattierclub der britischen Elite-Universität, gesehen hat, der ist wenigstens mit dem Mann hinter dem Star versöhnt: Er mag zwar auf einen flüchtigen Blick so wirken wie der exzentrische große Bruder des nordkoreanischen Diktators. Hinter der obligatorischen Sonnenbrille versteckt sich jedoch ein sympathischer, fast stiller Typ, der selbstironisch und grundvernünftig die Geschichte seines unwahrscheinlichen Weltruhms erzählen kann: "Gangnam Style" sollte so lächerlich wie möglich werden, das aber mit allem gebotenen Ernst.

30 Tage lang getüftelt

An dem Pferde-Tanz etwa habe er mit seinen Choreografen 30 Tage lang getüftelt: "Wir haben das sehr genau genommen."

Auch zum neuen Song gibt es übrigens wieder einen Tanz. Für den erotischen Teil ist es da ratsam, einige rohe Lebensmittel griffbereit zu haben.

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Quelle:
SZ vom 17.04.2013
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