Süddeutsche Zeitung

Phrasenmäher: Gaga:Das Publikum kreischt

Gaga nennt Jörg Kachelmann die deutsche Justiz und Lady Gaga lässt ohnehin die halbe Welt überschnappen. Wo die schöne neue Gaga-Welt wurzelt.

Susanne Gmuer

Nicht bei Sinnen, übergeschnappt, verrückt - gaga eben. Gaga nennt Jörg Kachelmann die deutsche Justiz, durchgeknallt die lügenden Frauen, den ganzen Fall einen lächerlichen Wahnsinn, freilich ungeachtet der Frage, wie gaga es ist, sich mit Frauen einzulassen, die nicht bei Sinnen sind, wo er doch ahnte, dass er "von manch einer Geliebten nicht mal gemocht wurde"; indes lässt Lady Gaga auf den großen Show-Bühnen die halbe Welt überschnappen, Heidi Klum gerät in Topmodel außer Rand und Band, plärrt ihr ins Gesicht, einer der innovativsten Menschen der Welt zu sein, derweil das Publikum kreischt.

Wo nur wurzelt diese neue schöne Gaga-Welt? Das Schweizerische Idiotikon klärt: "Gaga" oder "Gag-gagg" steht kindersprachlich für Gans, "Gaggere" sind Vögel aus dem Rabengeschlecht und nennt man - vom Schrei des Vogels abgeleitet - oft weinende Kinder und mürrische, streitsüchtige Menschen, wobei "gaggen" auch das Gackern der Hühner meint.

"Gagele" bedeutet unruhiges Hin- und Her-Schwanken und der "Gugag" oder "Gäggi" ist ein unbesonnener Schwätzer: "So hat's mancher Gugag, wenn er in ein Amt kömmt, er meint, wenn er einen Gagg lasse, so müsse, was er gegagget, da stehen fix und fertig", hielt ein Berner Kalender 1845 fest.

Der "Gagg" (vgl. lat. cacare und caca) schließlich ist das, was unangenehm riecht und übrig bleibt, wenn alle wertvollen Inhaltsstoffe abgezogen sind.

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Quelle:
SZ vom 25.06.2011
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