Süddeutsche Zeitung

Zum Tod von Patricia Hitchcock:Geerbte Zielstrebigkeit

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Zum Tod der Schauspielerin Patricia Hitchcock, Tochter von Sir Alfred, die auch in den Filmen ihres Vaters auftrat.

Von Susan Vahabzadeh

Patricia Alma O'Connell Hitchcock hat einmal gesagt, sie hätte sich gewünscht, ihr Vater hätte mehr Sinn für Nepotismus gehabt - dann hätte sie es als Schauspielerin weiter gebracht. Alfred Hitchcocks einzige Tochter wurde 1928 in London geboren, man verbrachte die Woche in der Stadt und fuhr am Wochenende ins Landhaus in Surrey, bis Ende der Dreißigerjahre Hollywood rief und die Familie nach Los Angeles übersiedelte. Was Patricia davon berichtete, klingt wundervoll unglamourös und so gar nicht nach überkandidelter Hollywood-Kindheit. Die Hitchcocks lebten in Bel Air, gingen sonntags in die Kirche und Pats Mutter Alma Reville, die Alfred beim Drehen kennengelernt hatte und die von den Drehbüchern bis zum Schnitt seine Kollaborateurin war, kochte abends Alfreds Leibgerichte. Außer, wenn er grillte.

Die neue Heimat hatte Hitchcocks einziges Kind dann trotzdem bald im Griff, Patricia wollte unbedingt Schauspielerin werden, besuchte die Royal Academy of Dramatic Art, gab 1942 ihr Debüt am Broadway. Ein paar Mal hat ihr Vater sie in kleinen Rollen besetzt, in "Der Fremde im Zug" (1951) beispielsweise spielt sie Barbara: Als der Mörder Bruno auf einer Party demonstriert, wie man jemanden erwürgt, geht es dabei fast mit ihm durch - und er starrt Barbara dabei an, als wäre sie sein eigentliches Ziel. Etwaige Interpretationen dieser Szene hat sich Patricia Hitchcock verbeten. Sie arbeitete dann fürs Radio, und als sie einmal eine große Fernsehserienrolle ergatterte, wurde nichts draus, weil sie da schon den Geschäftsmann Joseph O'Connell geheiratet hatte und schon schwanger war.

Der Beitrag der Mutter zu den Filmen des Vaters sei unterbewertet, befand die Tochter

Sie habe, sagte Pat Hitchcock, von beiden Elternteilen gleichermaßen die Zielstrebigkeit geerbt. Den Beitrag ihrer Mutter Alma zu Hitchcocks Filmen hielt sie für unterbewertet, so hat es Pat Hitchcock in einem langen Interview der amerikanischen Television Academy erzählt, als 2003 das Buch Alma Hitchcock: The Woman Behind the Man erschienen war, das sie mit Laurent Bouzereau geschrieben hatte. Bis zu "Die rote Lola" (1950) wurde Alma Reville als Drehbuchautorin bei Hitchcocks Filmen genannt, aber, so erzählten die Tochter und auch Hitchcock selbst: Er brauchte sie immer und für alles.

Pat aber bewarb sich öfter um Rollen in den Filmen der Eltern, nicht direkt, sondern bei den Mitarbeitern - meistens war ihre Mühe vergebens, der Vater habe dann befunden, für die Rolle sei sie einfach nicht die Richtige, sagte sie. Als die CBS-Reihe "Alfred Hitchcock Presents " zwischen 1955 und 1962 gedreht wurde, tauchte sie allerdings zehn mal darin auf, immer in kleinen Rollen - sie wurde besetzt, erzählte sie der Washington Post 1984, "wann immer man ein Hausmädchen mit einem britischen Akzent brauchte".

Mit der ganz großen Filmkarriere wurde es also nichts. So ist sie vorwiegend als Tochter berühmt geworden. Ihretwegen durften fünf von Hitchcocks erfolgreichsten Filmen, darunter "Das Fenster zum Hof" und "Vertigo", vor seinem Tod 1980 lange nicht gezeigt werden - Hitchcock besaß die Rechte selbst und steigerte den Wert von Patricias Erbe, indem er sie rarer machte. Am vergangenen Montag ist Pat Hitchcock im Alter von 93 Jahren in Kalifornien gestorben.

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