Süddeutsche Zeitung

Panama Papers:Sotheby's soll geheime Geschäfte auf dem Kunstmarkt unterstützen

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Welche Rolle spielt Sotheby's im Fall Modigliani? Jetzt sind angeblich Briefe eines Mitarbeiters aufgetaucht, die fragwürdige Praktiken des Auktionshauses offenlegen.

Von Kia Vahland

Die Recherchen der Süddeutschen Zeitung und eines internationalen Journalistenteams in den Panama Papers haben gezeigt, wie verschwiegen Geschäfte im internationalen Kunsthandel gemacht werden - und auf wessen Kosten das geht.

Erben eines in der Nazizeit enteigneten jüdischen Sammlers fordern seit Längerem das Porträt eines sitzenden Mannes von Amedeo Modigliani zurück. Das Gemälde soll der in Panama ansässigen Firma International Art Center gehören; vor einem New Yorker Gericht stritt die Kunsthändlerfamilie Nahmad jede Verbindung mit dieser Firma ab.

Die Panama Papers zeigen jedoch: Das International Art Center ist offenbar dem Patriarchen der Familie, Davide Nahmad, zuzurechnen. Alarmiert durch die journalistische Recherche hält inzwischen die Schweizer Staatsanwaltschaft das Porträt im Genfer Zollfreilager fest.

Händler und Sammler aber können nur deshalb im Geheimen agieren, weil Auktionshäuser ihre Identität schützen. Wie weit das geht, zeigen nun zwei Briefe, die offenbar der Sotheby's-Mitarbeiter Lucian J. Simmons im Februar und April 2010 verfasste.

Der Onlinedienst Artnet hat die an Davide Nahmads Sohn Helly gerichteten Briefe jetzt veröffentlicht. Darin informiert Simmons ihn über das Rückgabebegehren der Erben des enteigneten Sammlers.

Sotheby's hatte zwei Jahre zuvor das Modigliani-Porträt angeboten, es war aber nicht verkauft worden. Freimütig spricht Simmons in dem Schreiben davon, Nahmad habe das Bild 1996 bei Christie's gekauft - vom International Art Center ist nicht die Rede.

Stattdessen beteuert Simmons, er werde Nahmads Identität weiter schützen, wenn ein Gericht ihn nicht zur Offenlegung verpflichte. Und: Gerne empfehle er seinem Handelspartner geeignete Anwälte.

Verschleierte Herkunftsgeschichte von Kunstwerken

Gegenüber Artnet nannte Nahmads Anwalt das Schreiben "falsch" und verwies darauf, dass ein anderer leitender Mitarbeiter des Auktionshauses angegeben hatte, das Gemälde sei in die Auktion vom International Art Center aus Panama und nicht von der amerikanischen Galerie Helly Nahmads eingeliefert worden. Das aber schließt nicht aus, dass die Firma in Panama den Nahmads tatsächlich gehört.

Heikel ist die kundenfreundliche Verschwiegenheit von Aktionshäusern deshalb, weil dies außer den aktuellen Besitzverhältnissen auch die Herkunftsgeschichten von Kunstwerken verschleiert.

So könnten Christie's und Sotheby's leicht die drängende Frage klären, wer eigentlich vor dem jetzigen Besitzer über das Bild verfügte, wer also von dem Raub der Nazis direkt profitierte. Sie müssten dafür nur in ihre Bücher schauen.

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Quelle:
SZ vom 18.05.2016
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