Süddeutsche Zeitung

Österreich:Die FPÖ erträgt keine Satire

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Von Elisabeth Gamperl

"Österreich hat den Muslimbann erfunden", sagt die Stimme aus dem Off. "Wir haben sie zwei Mal rausgeworfen. Die sind totale Verlierer. Und können nicht mal Ski fahren". Eine Anspielung auf die Belagerungen durch die Türken im 16. und 17. Jahrhundert. Und natürlich eine Imitation der Trump-Rhetorik. Auf österreichisch.

Die Szene stammt nämlich aus dem Video "Austria Second" der österreichischen Late-Night-Show "Willkommen Österreich ". Der Clip ist Teil einer Reihe von Satirevideos aus verschiedenen Ländern, die sich seit der Amtseinführung von Donald Trump und dessen "America First"-Politik um Platz zwei seiner Weltrangliste bewerben. Österreichs Argument: "Wir haben die größten Rechtspopulisten der Geschichte." Und während die Sprecherstimme das sagt, sind neben Adolf Hitler auch Jörg Haider, Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer von der FPÖ zu sehen sind. Im Hintergrund läuft Mozarts kleine Nachtmusik.

Österreichs Persönlichkeiten werden "heruntergedodelt"

Es gibt Clips dieser Art inzwischen in vielen Ländern. Satire-Sendungen in ganz Europa haben sich zur Bewegung "every second counts" zusammengeschlossen (das Vorbild stammt aus den Niederlanden). Der österreichische Clip erzielt allerdings eine besondere Wirkung.

Denn die rechtspopulistische FPÖ wettert seit der Ausstrahlung gegen den österreichischen Rundfunk (ORF): Wie könne ein öffentlich-rechtlicher Sender "unser ganzes Land samt seinen Persönlichkeiten herunterdodeln"?, heißt es im ersten Satz der Pressemitteilung. Herunterdodeln ist österreichisch und heißt "lächerlich machen". Das Video bewege sich an der Grenze zur "Verhetzung", heißt es auch noch.

Dabei wird nicht nur die FPÖ durch den Kakao gezogen, sondern Österreich in seiner Gesamtheit. Neben den "schönsten Dörfern der Welt" wie Fucking, Hard und Assing, wird Trump auch Österreichs Außenminister Sebastian Kurz als Spielgefährte für den zehnjährigen Sohn Barron vorgeschlagen.

Der Sänger Andreas Gabalier wird als Mischung aus "Elvis und einem Taschentuch" bezeichnet. Frauenbild und Heimatverständnis des Sängers decke sich sehr mit jenen der Populisten - bis auf die bärtige Kunstfigur Conchita Wurst hat es übrigens keine Frau ins Video geschafft. Und die ist Travestit.

Es ist nicht das erste Mal, dass die FPÖ auf Satire heftig reagiert. Zuletzt störte sie sich am "Hakenkreuzschnitzel". Während des Wahlkampfs um die österreichische Bundespräsidentschaft zeigte die ZDF heute-show ein Schnitzel in Hakenkreuzform. Der Text dazu: "Österreicher wählen eben so, wie Sie es vom Schnitzel kennen: möglichst flach und schön braun." In unzähligen Kommentaren in sozialen Netzwerken empörten sich Anhänger der FPÖ, Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer drohte mit rechtlichen Schritten.

Auch gegen die Sendung "Willkommen Österreich" geht die FPÖ nicht zum ersten Mal vor. Nach dem Tod des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider im Jahr 2008 witzelten die ORF-Satiriker Dirk Stermann und Christoph Grissemann, dass mit dessen Tod die "Sonne vom Himmel gefallen ist". Die FPÖ forderte daraufhin ein Auftrittsverbot der beiden in Kärnten.

Wenn es um Erdogan geht, ist für die FPÖ alles erlaubt

Der Beißreflex der FPÖ kommt übrigens nur zum Tragen, wenn es um sie selbst geht. Als gegen Jan Böhmermann wegen dessen Schmähgedicht auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan ermittelt wurde, verteidigte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache den deutschen Satiriker. Strache schrieb auf Facebook von einem "Skandal". Das alles habe mit Meinungsfreiheit, Freiheit der Kunst und Demokratie nichts mehr zu tun.

Donald Trump hat auf das Bewerbungsvideo "Austria Second" bislang übrigens noch nicht reagiert. Vielleicht hat er Österreich aber auch, wie viele, mit Australien verwechselt. Auch wenn im Video am Ende betont wird: "It's Austria, not Australia. For God's sake!"

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