Süddeutsche Zeitung

Nobelpreis:Er pfeift drauf

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Bob Dylan fährt nicht zur Preisverleihung nach Stockholm. Die schwedische Presse fragt sich inzwischen, ob er überhaupt der Richtige war.

Von Silke Bigalke

In Stockholm wird man darauf achten, was Bob Dylan am 10. Dezember tut. Dann nämlich überreicht Schwedens König Carl XVI. Gustaf die Nobelpreise. Bob Dylan möchte seinen nicht persönlich in Empfang nehmen, aus terminlichen Gründen, ließ er die Schwedische Akademie wissen, auch wenn er sich "wirklich sehr geehrt" fühle. Die schwedische Presse empfindet die Absage dennoch als Schmach. Der "gewagte Griff" der Akademie, mit dem Literaturnobelpreis an den Songwriter die Genregrenzen zu sprengen, sei nicht geglückt, kommentiert Dagens Nyheter. Es sei eine Sache, wenn jemand aus gesundheitlichen Gründen nicht anreisen könne, wie Harold Pinter, Doris Lessing und Alice Munro. Wenn ein Preisträger aber "darauf pfeife", sei das ein "demütigendes Fiasko".

Der Kulturjournalist Andres Lokko bemerkte im Fernsehsender SVT, die Absage sei nicht ganz unerwartet. Dylan halte die Veranstaltung wohl für "mühsam" - lange Abendessen, Vorträge: "Trotz allem ist das ein bisschen wie ein Mittelfinger in der Luft." Die Boulevardzeitung Aftonbladet bemerkt, wer einmal einen Preis gewonnen habe, wisse, dass es das Mindeste sei, dann auch hinzugehen. Andere Verpflichtungen? "Unsinn." Jeder hätte wohl Verständnis, wenn Bob Dylan seine Termine für den Nobelpreis umplane.

Dass die Schweden nicht oben auf seiner Prioritätenliste stehen, war klar, seit die Akademie Mitte Oktober die Ehrung verkündete. Fast zwei Wochen lang konnte sie ihn nicht erreichen. Akademie-Mitglied Per Wästberg sagte damals, wenn er noch länger schweige, sei das "unhöflich und arrogant". Auf das Geld, die Feiern, das Treffen mit dem König könne Bob Dylan verzichten, seine Ernennung sei jedoch für die Ewigkeit. "Bob Dylan ist der Nobelpreisträger des Jahres 2016, ob er will oder nicht." Eine Bedingung gibt es: Der Sänger muss innerhalb von sechs Monaten nach der Verleihung einen Vortrag an der Akademie halten. Den könnte er aber auch als Video nach Stockholm schicken.

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Quelle:
SZ vom 18.11.2016
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