Süddeutsche Zeitung

Netz-Depeschen:Scheiden tut weh

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Die "Huffington Post" gründet das Ressort Scheidung, per Mausklick kann man die Ehe beenden: Der Mensch sucht seinen Partner nicht nur im Internet, sondern wird ihn dort auch wieder los.

Katharina Riehl

Vor wenigen Wochen wandte sich Arianna Huffington, die Chefredakteurin der amerikanischen Online-Zeitung The Huffington Post, an Ihre Leser. Der Text ist ein bemerkenswertes Dokument der Alltagskultur im frühen 21. Jahrhundert. Huffington stellte darin ein neues Ressort vor: Huff Post Divorce - das Ressort Scheidung.

Sie glaube, ihr Land versage darin, den Menschen zu vermitteln, wie man sich anders - und besser - scheiden lassen könnte. Arianna Huffington hat also eine Scheidungsredakteurin eingestellt. Das Ziel des Ressorts solle eine mutige, interaktive Anleitung sein, die den Lesern durch all jene Veränderungen hilft, die eine Scheidung mit sich bringt. Aktive Scheidungshilfe sozusagen.

Da der Mensch seinen Partner fürs Leben oder für einen seiner Abschnitte heute auch gern im Internet sucht, ist es nur folgerichtig, dass er auch dort versucht, ihn wieder loszuwerden. Schon seit einigen Jahren bieten Anwaltskanzleien die Online-Scheidung an. "Scheidung einfach gemacht - unschlagbar günstig" wirbt scheidung-online.de. Ein gelb hinterlegter Pfeil ist überschrieben mit: "Zu Ihrer Scheidung".

Doch schon für die Vorbereitung zu diesem Klick in ein neues Leben bietet das Netz Scheidungswilligen in Unmengen Blogs und interaktiven Ratgebern Hilfe für den erfolgreichen Vollzug der Trennung. Wobei es, glaubt man der Anzahl der Suchmaschinentreffer, vor allem eine Personengruppe ist, die in Sachen Scheidung im Netz beraten werden will: Männer.

Auf Seiten mit Namen wie greatdivorceadvice.com oder divorcemenblog erfahren die werdenden Ex-Männer zunächst das Allerwichtigste: dass Frauen Schweine sind. Und dass man sich im Falle einer Trennung in Acht nehmen muss. So wird dem Scheidungswilligen erklärt, was er - bei Missachtung der Ratschläge - zu befürchten hat: Wer nicht über Insiderwissen verfüge, laufe Gefahr alles, nein ALLES, zu verlieren.

Männer, so kann man dort lesen, rackern sich ab, um die hohen Unterhaltskosten zu verdienen, damit ihre Frauen zur Kosmetik gehen können. "Wenn Ihre Frau nicht gearbeitet, sondern nur die Kinder erzogen hat, dann müssen Sie wohl ein bisschen Geld ausgeben. Aber auf lange Sicht muss sie lernen, wie man auf eigenen Füßen steht." Auch in zornigen Videobotschaften wenden sich scheidungserfahrene Männer an ihre Leidensgenossen und versichern sie ihrer Solidarität: "Sind Sie bereit zu begreifen, dass eine Scheidung Krieg ist?" Jetzt wahrscheinlich ja.

Natürlich gibt es auch Scheidungswebsites für Frauen. Um Sorgerecht und Finanzen geht es hier auch. Womensdivorce.com widmet sich vor allem einer Frage: Warum Männer so sauer reagieren, wenn man sich von ihnen scheiden lassen will.

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Quelle:
SZ vom 13.12.2010
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