Süddeutsche Zeitung

Museum der kaputten Liebe:"Wie wirst du jetzt toasten?"

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Ein Paar Socken, ein Film, der nie entwickelt wurde, ein Flugticket: Wenn Beziehungen zerbrechen, bleiben oft symbolische Gegenstände übrig. Ein Künstlerpaar sammelt Relikte erloschener Leidenschaft.

Von Charlotte Theile, Basel

Für die großen Ereignisse des Lebens gibt es Rituale: Schultüte, Brautkleid, Glückwunschkarten, Trauerkränze. Freunde und Familie kommen zusammen, es gibt Gottesdienste, Lieder, Tränen. Bei einem Ereignis aber ist man ziemlich allein: wenn eine Beziehung in die Brüche geht.

Im Basler Museum für Wohnkultur gastiert zurzeit das "Museum of Broken Relationships". Die Ausstellung zeigt Gegenstände, die auf den ersten Blick banal wirken. Aber die Geschichten, die an diesen Gegenständen hängen, machen sie besonders. Einige Besitzer schreiben nur knappe Sätze ("Das wird's dir klarmachen: Wie wirst du jetzt toasten?"), andere versuchen, mit den Sachen eine seit Jahrzehnten aus den Fugen geratene Ehe zu erklären.

So unterschiedlich die Texte sind, eines scheint allen gemeinsam: Sie wurden kaum überarbeitet, könnten genauso in einem Tagebuch stehen. Trauer, Wut, Rechtschreibfehler, Zärtlichkeit. Das ist selbst für Fremde anrührend.

Ausstellung als Therapie

Das Museum holt Dinge ans Licht, die jeder zu Hause hat - allerdings meistens so, dass sie nicht auffallen, etwa in Kisten auf dem Dachboden, und präsentiert sie hinter Glas. Eine Kaffeemaschine. Ein Foto, auf dem nur eine Balkonpflanze abgebildet ist. Ein Paar Socken. Ein Film, der nie entwickelt wurde. Ein Flugticket.

Die kroatischen Künstler Olinka Vištica und Dražen Grubišić trennten sich im Jahr 2003, damals waren sie um die 30. Drei Jahre später eröffneten sie das Museum in Zagreb. Das Ausstellen ihrer persönlichen Gegenstände hatte für sie eine therapeutische Wirkung. Schon bald kamen Objekte von Freunden hinzu. Seither zieht die Ausstellung durch Europa, Südamerika und Asien.

In Basel wird die Trennungs-Schau mit Geschichten aus der Schweiz ergänzt, 40 der 100 ausgestellten Objekte kommen aus der Gegend. Sie zu bekommen, war nicht leicht. "Wurde Ihnen jemals das Herz gebrochen?" Das ist kein Aufruf, der viele Arme nach oben schnellen lässt. Das ganze Team, selbst die Mutter des Kurators, warb für das Projekt. "Ich bin so froh, dass ich es weggeben konnte" - diesen Satz liest man nun auf vielen Tafeln.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 30. August. Zwischen 18 und 21 Uhr ist der Eintritt für die Begleitung kostenlos. "Love Hour" nennen sie das.

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Quelle:
SZ vom 20.06.2015
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