Süddeutsche Zeitung

Gewinner bei World Photography Awards 2015:Über den Schirmen der Adria

Lesezeit: 3 min

Bernhard Lang betrachtet die Dinge gern von oben. Seine Luftaufnahmen wurden nun mit dem Sony World Photography Award ausgezeichnet - für die Bilder hängt der Fotograf schon mal mit dem Oberkörper in der Luft.

Von Elisa Britzelmeier

Der Münchner Fotograf Bernhard Lang, geboren 1970, zeigt auf seinen Bildern Landschaften, Strände, Containerschiffe, Fußballfelder und Tagebau-Werke aus einer ganz besonderen Perspektive: von oben. Seine Luftbild-Reihen nennt er "Aerial Views". Die Bilder nimmt er aus Flugzeugen und Hubschraubern auf. Für eine Serie, die an der Adria entstand, wurde er nun mit dem Sony World Photography Award in der Kategorie "Reise" ausgezeichnet.

SZ.de: Herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Awards, Herr Lang. Auf den prämierten Bildern sind Strände an der Adria zu sehen, Sonnenschirme, Handtücher, Badende - aus der Luft, wie sie die wenigsten sehen können. Wie machen Sie Ihre Fotos?

Ich fotografiere tatsächlich aus verschiedenen Flugobjekten, zum Beispiel aus Ultraleichtflugzeugen. Meistens miete ich Hubschrauber an, mit Pilot. Die Tür wird vorher ausgehängt, bei kleinen Hubschraubern ist das meist kein Problem. Dann sitze ich angeschnallt neben oder hinter dem Piloten, und lehne mich mit dem ganzen Oberkörper nach draußen. Nur mit vollem Körpereinsatz bekommt man diese vertikale Perspektive. Ich habe eine Kamera und mehrere Objektive, zwischen denen ich wechsle.

Ist Ihnen schon mal eines runtergefallen?

Nein, zum Glück nicht. Da passe ich sehr auf. Das Objektiv wäre mir egal, aber wenn man einen Menschen am Boden trifft, kann es tödlich ausgehen.

Kann sonst etwas schief gehen bei Ihren Fotoflügen?

Ich bin schon gut gesichert. Im Jahr mache ich etwa vier bis fünf Fotoflüge, Aufwand und Kosten sind dabei relativ hoch. Das Risiko ist also eher, dass die Bilder nichts werden und alles umsonst war. Besonders wichtig ist das Wetter, darum schaue ich mir die Vorhersagen genau an. Aber bei der Adria-Serie zum Beispiel war Sonne vorhergesagt - und nach einer halben Stunde zog es komplett zu. Dabei erwartet man an der italienischen Küste doch strahlenden Sonnenschein. Zuerst habe ich geflucht, aber im Nachhinein hat sich das diffuse Licht auf einigen der Bilder als interessant herausgestellt.

Höhenangst sollte man bei Ihrem Job ja nicht haben.

Nein, das sollte man wirklich nicht (lacht). Das wäre hinderlich.

Wie wählen Sie die Motive aus?

Auf die Kohletagebauwerke kam ich zum Beispiel durch einen Fernsehbericht. Und an einem der Adria-Strände zwischen Ravenna und Rimini war ich selbst vor wenigen Jahren im Urlaub. Damals fiel mir vom Boden aus die strenge geometrische Anordnung auf, die verschiedenen Farben und Muster der Sonnenschirme. Also dachte ich mir, dass das von oben interessant aussehen könnte. Wenn ich ein Gebiet fotografieren will, schaue ich mir die Gegend vorher an, auf Google Maps etwa. Aber oft sieht es dann in der Realität anders aus, und ob die Bilder etwas werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab, auch vom Licht, von der Tages- und Jahreszeit. Außerdem ist die Welt ist nicht immer so, wie Google Maps sie uns vormacht - zum Glück, das ist ja das Spannende.

Woher kam die Idee, mit der Luftbildfotografie anzufangen?

Die habe ich schon jahrelang mit mir herumgetragen. Wenn man als ganz normaler Passagier aus dem Flugzeug schaut, sieht man die faszinierendsten Dinge. Ich bin zum Beispiel nach Tokio geflogen, stundenlang, über Sibirien. Diese ewigen Landschaften haben mich begeistert. Oder nach Südafrika: Was in den Wüstenlandschaften für Strukturen sind, das ist der Wahnsinn! Die Perspektive von oben fand ich derart beeindruckend, dass ich die Eindrücke festhalten wollte. 2010 habe ich angefangen, hier im bayerischen Raum, mit Winterbildern im Schnee. Die Luftaufnahmen wollte ich einfach für mich machen, anders als sonst. Denn eigentlich bin ich ja kommerzieller Fotograf und komme aus der Werbefotografie.

A propos Werbung: Neben den Luftbildern haben Sie zahlreiche Fotos für den TSV 1860 gemacht. Sind Sie etwa Fan?

Ein ganz großer Fan! Sonst hätte ich das nicht gemacht. Aber am meisten Energie stecke ich in die Aerials.

Einer der berühmtesten Vertreter des Genres ist Yann Arthus-Bertrand. Haben seine Fotografien Sie beeinflusst, als Sie mit Ihren Luftaufnahmen anfingen?

Nein. Ich habe mir erst später die Arbeiten anderer Aerial-Fotografen angeschaut. Jeder hat da ein bisschen einen anderen Stil. Yann Arthus-Bertrand fotografiert aus meiner Sicht eher dokumentarisch.

Was sagt es über die Menschen aus, dass sie so gerne Dinge von oben betrachten?

Ich bin kein Psychologe. Vielleicht ist es einfach die erhöhte Perspektive, die man nicht gewohnt ist. Man kann die Dinge aus der Distanz betrachten, vielleicht ist es deshalb so interessant.

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