Süddeutsche Zeitung

Fritz Auer: "Meine Lebensreise als Architekt":Was ihn fliegen lässt

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In einem Bildband erzählt der Architekt Fritz Auer von seinen spektakulären Arbeiten - etwa vom Münchner Olympiapark.

Von Gerhard Matzig

Es war definitiv die falsche Idee, die viral verursachte Hepatitis mit einer Flasche Rum bekämpfen zu wollen. Und so legte sich Fritz Auer, Ende zwanzig, auf seiner Weltreise in Khajuraho im Nirgendwo Indiens schließlich zu den Wasserbüffeln in eine von Pfützen durchtränkte Wiese: "Völlig apathisch legte ich mich zu den riesigen schwarzen Tieren und fühlte mein Ende nahen."

Kein Jahrzehnt später wird der immer noch sehr junge Architekt Auer zu einem der maßgeblichen Entwerfer für das Olympiaareal 1972 in München. Die Kunde, dass bis dahin kaum bekannte Architekten aus dem Büro Behnisch auf spektakuläre Weise diesen Wettbewerb für sich entscheiden konnten, erhielt Fritz Auer einige Jahre nach seiner Weltreise in Stuttgart. An einem Freitag, dem 13.

Rückblickend könnte man sagen: Der junge Inder, der Auer aus der Pfütze half und dafür sorgte, dass der deutsche Architekt in das 370 Kilometer entfernte Krankenhaus von Bhopal kam, gehört zu den Titanen, denen die Welt das ikonisch gewordene Zeltdach als Architektursensation zu verdanken hat. Es ist schön, dass diesem jungen Mann im Kapitel "1960 - um die Welt in 113 Tagen" eine Passage gewidmet ist.

Aber auch an anderer Stelle ist Fritz Auers soeben erschienenes Buch "Meine Lebensreise als Architekt" eine schöne Sammlung an Erzählungen, Berichten, Gedanken und eben auch Abenteuern. Biografisches, Architektonisches, Erlebtes und Gedachtes verbinden sich darin zu einer großartigen Lektüre, bei der man nicht allein über Fritz Auer viel erfährt, sondern auch etwas über das Bauen in Theorie und Praxis - und ein Deutschland, das schon mal zukunftsgewisser war als heute. Zu danken ist das Auer, geruhsamen Wasserbüffeln und empathischen Indern.

Eine Lebensreise ergibt sich nicht aus jedem Leben, aus dem des seit diesem Sommer 90-jährigen Fritz Auer schon. Er zählt zu den wichtigsten Gestaltern der nachkriegsmodernen Architektur, hat die Welt gesehen, größere Teile davon bebaut - und er hat schlicht etwas zu erzählen. Dieses Buch ist eine Wundertüte voller Architektur, Stadtbaukunst, Bauhistorie und gelebtem Utopismus, der ein Geheimnis birgt. Im Buch wird es enthüllt: Es ist womöglich das Geerdetsein, das einen fliegen lässt.

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