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Frankfurter Buchmesse:Deutscher Buchpreis geht an Kim de l'Horizon

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"Blutbuch" wird als bester deutschsprachiger Roman des Jahres ausgezeichnet. Mit einer Schermaschine setzt Kim de l'Horizon bei der Preisverleihung ein Zeichen der Solidarität mit den Frauen, die in Iran auf die Straße gehen.

Es war die bisher wohl spektakulärste Verleihung des Deutschen Buchpreises: 2022 geht die Auszeichnung an Kim de l'Horizon für den Roman "Blutbuch". Das gab die Jury am Montagabend in Frankfurt am Main bekannt. Kim de l'Horizon wurde in der Schweiz geboren und sieht sich als nicht-binäre Person, also weder als Mann noch als Frau.

Während der Dankesrede rasierte sich Kim de l'Horizon den Kopf - als Zeichen der Solidarität mit den Frauen, die im Iran gegen das Mullah-Regime protestieren. Außerdem sang Kim de l'Horizon in der Dankesrede: "There is something inside you, it's hard to explain." (Da ist etwas in dir, es ist schwer zu erklären.)

Die Auszeichnung für den besten deutschsprachigen Roman des Jahres ist mit 25 000 Euro dotiert. Die Preisverleihung im Rathaus Römer am Tag vor der Eröffnung der Frankfurter Buchmesse wurde per Livestream übertragen.

Die Jury erklärte zu dem nun gekürten Buch: "Mit einer enormen kreativen Energie sucht die non-binäre Erzählfigur in Kim de l'Horizons Roman 'Blutbuch' nach einer eigenen Sprache. Welche Narrative gibt es für einen Körper, der sich den herkömmlichen Vorstellungen von Geschlecht entzieht?" Die Romanform sei dabei in steter Bewegung. "Jeder Sprachversuch, von der plastischen Szene bis zum essayartigen Memoir, entfaltet eine Dringlichkeit und literarische Innovationskraft, von der sich die Jury provozieren und begeistern ließ." Das Buch ist im Verlag DuMont erschienen.

Kim de l'Horizon sagte in der Dankesrede: "Dieser Preis ist nicht nur für mich. Ich denke, die Jury hat diesen Text auch ausgewählt, um ein Zeichen zu setzen gegen den Hass, für die Liebe, für den Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden." Auf offener Bühne rasierte sich Kim de l'Horizon das Kopfhaar ab. Der Preis gelte auch den Frauen in Iran, "zu denen wir alle schauen, bewundernd für diesen Mut, diese Kraft", sagte Kim de l'Horizon unter stehendem Applaus im Kaisersaal des Frankfurter Römer und fügte hinzu: "Es zeigt uns, wie dumm unser Weltbild war, dass wir dachten: Weiblichkeit ist nur im Westen emanzipiert."

Nominiert waren außerdem Fatma Aydemir ("Dschinns"), Kristine Bilkau ("Nebenan"), Daniela Dröscher ("Lügen über meine Mutter"), Jan Faktor ("Trottel") und Eckhart Nickel ("Spitzweg").

Im vergangenen Jahr erhielt Antje Rávik Strubel den Deutschen Buchpreis für ihren Roman "Blaue Frau". Der Deutsche Buchpreis ist mit 25 000 Euro für die Gewinnerin oder den Gewinner dotiert. Die übrigen Finalisten erhalten jeweils 2500 Euro. Der Preisträger wird zu Beginn der Frankfurter Buchmesse bekanntgegeben.

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