Süddeutsche Zeitung

Nachruf auf Claus Biederstaedt:Held des Nachkriegskinos

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Claus Biederstaedt gehörte zu den Stars der Fünfziger- und Sechzigerjahre, spielte neben Romy Schneider. Eine seiner bekanntesten Rollen war die Erich-Kästner-Verfilmung "Drei Männer im Schnee".

Von Fritz Göttler

Reicht die Wäsche? Scheint die Sonne? Fragt die Mutter, als der Sohn anruft. Sie ist ganz atemlos vor Freude und kurz angebunden, fürchtet, das Gespräch könnte zu teuer werden. Der Sohn hat im Wettbewerb einer Firma zwei Wochen in einem Alpen-Grandhotel gewonnen, dort hält man ihn versehentlich für den Firmenboss selbst und scharwenzelt um ihn herum. Der wahre Firmenboss ist auch inkognito dort, Paul Dahlke, und sein Diener, Günther Lüders, gemeinsam mit Biederstaedt sind sie "Drei Männer im Schnee", im Film von Kurt Hoffmann, Buch Erich Kästner. Ihre Lachanfälle sind Highlights des deutschen Nachkriegskinos.

Biederstaedt ist der typische Junge aus Kästnerland. Sein Lächeln scheint unerschütterlich, er ist immer freundlich, verständnisvoll, diskret. Korrekter Charme, würde man heute sagen. Seine Stimme sanft, auch wenn er Marlon Brando synchronisierte, Yves Montand oder Paul Newman. An der Seite der schönsten deutschen Schauspielerinnen war er zu sehen, Romy Schneider, Heidelinde Weis, Erica Beer, Susanne Cramer, und er schien glücklich dabei, verführt zu werden, auch wenn er am Ende das Mädchen nicht bekam. Für seinen ersten Film, "Die große Versuchung", kriegte er 1952 den Bundesfilmpreis als bester Nachwuchsakteur. Es folgte eine große Reihe von Filmen, viel Musik, Klamotte, Sentiment, "Schwarzwaldmelodie" und "Die Beine von Dolores", "Charleys Tante", aber auch "Urlaub auf Ehrenwort" oder "Vor Sonnenuntergang". Im Fernsehen Serien wie "Derrick" oder "Schwarzwaldklinik", und immer wieder zurück aufs Theater. In den Siebzigern gab es gar den Plan, eins selbst zu eröffnen auf Gran Canaria.

Am vorigen Donnerstag ist Claus Biederstaedt gestorben, wenige Tage vor seinem 92. Geburtstag. Es gibt noch viel zu entdecken in seinen Filmen, minimalistische, gauklerhafte, anarchische Momente. In "Arlette erobert Paris" ist er ein Medizinstudent, der sein Studium sich verdient mit einem Flohzirkus.

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Quelle:
SZ vom 23.06.2020
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