Süddeutsche Zeitung

"Black Mambas" im Kino:Fallen finden

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Die Dokumentation "Black Mambas" zeigt schwarze südafrikanische Frauen im Anti-Wilderei-Einsatz - zwischen Selbstbestimmung und Ausbeutung.

Von Doris Kuhn

Nur einmal sieht man, was die Touristen lieben: Die Weite des Kruger-Nationalparks in Südafrika, treibende Wolken, Bergkette am Horizont. Schöner Anblick, die Touristen lieben ihn zu Recht. Davor allerdings steht ein Mann mit dem Rücken zur Kamera, der nicht die Schönheit vertritt. Er ist arm, sagt er, er folge dem Geld - er geht wildern, das sei nicht nur eine gute, sondern für viele hier die einzige Erwerbsmöglichkeit. Die Wilderei, heißt das, sei also ein Ergebnis anderer Probleme. Denen wird man in der Dokumentation "Black Mambas" begegnen, nach einem schnittigen Auftakt mit Archivaufnahmen aus einer Zeit, in der im Park noch alles in Ordnung war.

Die "Black Mambas", die dieser Dokumentation den Titel gibt, ist eine Anti-Wilderei-Einheit, die nur aus Frauen besteht, gegründet 2013, auf dem Höhepunkt der illegalen Nashornjagd. Seitdem werden aus den umliegenden Gemeinden des Kruger-Nationalparks Frauen rekrutiert, die eine militärisch angehauchte Ausbildung bekommen. Anschließend tragen sie ein Abzeichen, ein stolzes Lächeln. Die Regisseurin Lena Karbe zeigt eifrige Schülerinnen, die sich gern dem Tierschutz widmen wollen. Gleichzeitig sind sie junge schwarze Frauen, die jetzt einer bezahlten Arbeit nachgehen.

Das schaffen nicht viele, die Arbeitslosenquote in Südafrika ist hoch. Lena Karbe begleitet einige der Frauen heim in die Familien, sie müssen Mütter und Kinder ernähren, Brüder und Kindsväter, die keine Arbeit haben und auch nicht sonderlich interessiert daran wirken. Der Wunsch nach Selbständigkeit, den diese Frauen sich erfüllt haben, kontrastiert mit einer Flut von Männern beim Nichtstun. Emanzipation scheint kein Thema zu sein, das für Aufregung sorgt, solange die Frauen sich dabei ausreichend ausbeuten, um die Haushaltskasse zu füllen.

Als der Ehrgeiz der Frauen erwacht, steigt der Unmut

Der Job der Frauen besteht hauptsächlich aus der Bewachung des Nationalparks, täglich wandern sie in kleinen Gruppen dessen Umzäunung ab. Man lernt, ihrem Blick bei der Suche nach Gefahren zu folgen, das können Löcher im Zaun sein oder verdächtige Spuren im Sand. Über Handy erstatten sie dann Meldung zur Zentrale, anschließend kommen Parkranger, alle weiß, alle deutlich älter, sie besichtigen oder beheben das Problem. Die Aufgabe der "Mambas" ist unspektakulärer, aber sie ist effizient: Es geht um Prävention, ihre stete Anwesenheit schreckt die Wilderer ab.

Hürden durch Klasse, Hautfarbe, Geschlecht oder koloniale Vergangenheit werden auffällig, der Film zeigt Unmut unter den Frauen, deren Ehrgeiz jetzt so weit geweckt ist, dass sie Fragen stellen. Warum gehen sie nur Patrouille, wann können auch sie Parkranger werden, wer wird für diese Ausbildung bezahlen, da ihr Lohn nicht reicht, sie selbst zu bezahlen? Nicht zuletzt bezieht der Film auch die Perspektive der Wilderer ein - was dem Konzept "Nationalpark" ein paar interessante Facetten hinzufügt.

"Black Mambas" geht angenehm über das Vermitteln von Information hinaus. Lena Karbe sorgt für Unterhaltung und hält die Neugier des Zuschauers wach, sie hat ein Auge fürs Absurde, folgt den Bildern in überraschende Wendungen, trödelt nirgends zu lang herum. Währenddessen schafft sie es, aus ihrem Film etwas anderes zu machen als nur die Beschreibung eines erfolgreichen südafrikanischen Projekts: Sie schärft das Verständnis für die komplexen, nicht so leicht sichtbaren Zusammenhänge, in denen dieses Projekt steckt.

Black Mambas , Deutschland, Frankreich 2022 - Regie: Lena Karbe. 81 Minuten. Jip Film & Verleih. Kinostart: 17.11.22.

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