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Biopic "Landauer" über Bayern-Präsidenten:Retter der Roten

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Hans Steinbichlers Film über den früheren Vereinspräsidenten des FC Bayern ist Heldenporträt, Fußballfilm und Nachkriegsdokument in einem. Es erinnert daran, dass ohne Kurt Landauer auch Uli Hoeneß' Wirken nicht möglich gewesen wäre. Nun läuft der Film im Ersten.

Von Bernhard Blöchl

Uli Hoeneß ist der FC Bayern - Kurt Landauer war der FC Bayern. Er war der Präsident, unter dem der Verein 1932 seine erste Deutsche Meisterschaft gewann. Er war der Denker, der nach dem Krieg die Weichen in Richtung Profifußball stellte, der bei den Roten früh für Weltoffenheit plädierte und in der Trümmerstadt dafür sorgte, dass überhaupt wieder gekickt wurde.

Für jene Bayern-Fans, für die Trikotwerbung selbstverständlich ist, war stets Hoeneß als Visionär und Antreiber des Clubs präsent - jetzt soll an Landauer erinnert werden: Ein aufwendiger Fernsehfilm setzt dem in Vergessenheit geratenen und erst 2013 posthum zum Ehrenpräsidenten ernannten Gründervater ein Denkmal. Der Spielfilm läuft im Herbst in der ARD, die Weltpremiere geht jetzt beim Filmfest über die Bühne.

"Landauer - Der Präsident" heißt die BR-Koproduktion, dessen größte Stärke Josef Bierbichler ist. Der kernige 66-Jährige spielt den jüdischen Kaufmann mit Entschlossenheit, verleiht ihm eine Mischung aus Strenge und Güte, Grant und Begeisterung. Mit beeindruckender Präsenz gibt er einen Mann, der gebrochen sein müsste, aber nicht gebrochen ist. 1933 wurde er gezwungen, sein Amt abzugeben, 1938 kam er ins KZ nach Dachau, konnte aber in die Schweiz fliehen. Verloren hat er fast alles: seine Arbeit, seinen Verein, seine Heimat - und vier Geschwister.

Der Regisseur Hans Steinbichler, mit dem Bierbichler bereits die Filme "Hierankl" und "Winterreise" zu Ereignissen machte, konzentriert sich in seinem Biopic auf die Zeit nach 1947. Liebevoll in Szene gesetzte Stadionruinen sowie historische Schwarz-Weiß-Aufnahmen, als Einsprengsel dienend, zeigen das zerbombte München in großer Not. Hier erlebt Landauer aufwühlende Jahre. Eigentlich kehrt er lediglich nach Bayern zurück, um sich in der amerikanischen Besatzungszone ein Visum zu holen.

Hauptversammlung im staubigen Keller

Doch die Misere des Vereins, für den er 1901 das erste Mal spielte und den er liebte, bis man ihn vertrieb, hindert ihn an der geplanten Ausreise in die USA. Dieses Spannungsfeld, angereichert durch eine Romanze und Konflikte mit Alt-Nazis, nutzen Steinbichler und der Drehbuchautor Dirk Kämper für einen Plot, der gegen Ende hin etwas an Attraktivität verliert.

Die Ausgangslage ist indes brisant: Der FC Bayern ist pleite, die Spielstätte zerstört, eine Lizenz unwahrscheinlich. Also packt er mit an, der Landauer. Impft dem Club die Professionalität ein, an die seine Nachfolger in den Fünfzigern anknüpfen. Steinbichler zeigt den Visionär etwa bei der Hauptversammlung im staubigen Keller, wie er seine Kollegen zu motivieren versucht: Ein Derby soll ein Zeichen für die Notwendigkeit von Profifußball setzen. "Die Sechziger kapieren's wieder erst, wenn alles zu spät ist", schimpft Landauer.

Apropos Löwen: Am besten ist "Landauer", dem die Balance aus Heldenporträt, Fußballfilm und Nachkriegsdokument gut gelingt, wenn mit Bierbichler und Eisi Gulp (als Präsident von 1860) zwei Charakterschauspieler der ersten Liga aufeinander losgehen. Sie beschimpfen sich, sie brauchen sich. Also entrümpeln die Präsidenten das Stadion, gehen sogar gemeinsam in den Knast. Auch Herbert Knaup, Jeanette Hain und Billie Zöckler haben starke Szenen.

Eine weitere Freude: Der Film beleuchtet die jüdischen Wurzeln des FC Bayern und erinnert daran, dass ohne Kurt Landauer Uli Hoeneß' Wirken so nicht möglich gewesen wäre.

Landauer - Der Präsident , ARD, 20.15 Uhr

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SZ vom 01.07.2014
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