Süddeutsche Zeitung

"Bad Neighbors" im Kino:Lady Macbeth wohnt nebenan

Lesezeit: 2 min

Jungvater gegen Anarcho-Studenten: Seth Rogen und Zac Efron bekriegen sich in der Filmkomödie "Bad Neighbors". Den einen treibt die Verzweiflung um, was er aus seinem Leben eigentlich gemacht hat. Den anderen, ob er je etwas aus seinem Leben machen wird. Und dann ist da noch eine Ehe-Frau mit viel Furor.

Von Fritz Göttler

Einmal richtig abheben, einmal wieder durch die Decke gehen, das ist es, was dem eher unterforderten Angestellten Mac Radner - verkörpert von Seth Rogen - in diesem Film widerfährt. Es ist natürlich ein Schock, es tut weh, und man muss es doch als eine Bestrafung akzeptieren - aber es ist auch: absurd, großartig, wild, durchrüttelnd. Es ist einfach, um die Seth-Rogen-Superformel zu benutzen, awesome.

Der spektakuläre Kracher passiert im Großraumbüro, ein boshaft am Bürosessel angebrachter Airbag katapultiert Mac in die Höhe. Das Büro wird hier zum Nebenschauplatz des Kriegs, den Mac und seine Frau Kelly gegen die neuen Nachbarn führen, eine Truppe von Studenten der örtlichen Uni, die das Haus nebenan für ihre Fraternity-Feten und -Faxen nutzen - Delta Psi Beta -, mit Laserlicht, Kiffrunden, lauter Discomusik, nächtelang. Im dusselige Büroalltag von Mac dominiert dagegen ein schikanöser Langweiler von Chef, Typ Oberlehrer und Klassentyrann . . . wer raucht denn da im Pausenhof!

Bei den Saturnalien will natürlich jeder liebend gern mitmachen, der Unterschied besteht darin, wie offen man das eingesteht, sich und den anderen. Eine amerikanische Party ist immer öffentlich, sie dringt aus dem Haus hinaus auf die Veranda, den Rasen, zu den Nachbarn, die Straße hinunter.

Die Häuser sind in diesem Film so dicht aneinandergestellt wie in den kruden Sperrholz-Dekors der frühen Stummfilmmelodramen - so dass man den Nachbarn, wenn man sich aus seinem Fenster beugt, bei entsprechenden sexuellen Betätigungen zugucken kann.

Rache des Alters

Als sie für ihre Story Material aus den Studentenbruderschaften sammelten, erzählen die Drehbuchautoren Andrew Jay Cohen und Brendan O'Brien, waren sie schockiert, was ihre Freunde da alles anbrachten, "einige der schrecklichsten Geschichten, die wir je gehört hatten", Sachen, die sie für den Film gar nicht zu verwenden wagten.

Abgründe, Hemmungslosigkeiten, Tabubrüche, die jeder Ordnung den Garaus machen. Wie Sträflinge schauen Mac und Kelly aus ihrem Haus nach drüben, wo das wirkliche Leben tobt neben ihrem falschen, dann rufen sie die Polizei.

Es ist Rache des Alters an der Jugend, die sie hier betreiben, und erschreckend ist, dass Seth Rogen, Jahrgang 1982, nur fünf Jahre älter ist als Zac Efron, der den Fraternity-Jungspund gibt. Vor ein paar Jahren hat Rogen selbst lümmelige, zotige Komödien für seinen Meister Judd Apatow gemacht, "Knocked Up"!

Nun spielen die Jungs nebenan mit ihren monströsen Penisersatzstücken, das junge Paar aber, als das Baby mit einem Kondom spielt, das es auf dem Rasen vorm Haus gefunden hat, rast schockiert ins Krankenhaus, um das Töchterchen untersuchen zu lassen und sich dem Spott des Arztes preiszugeben.

Wundersamen Mischung aus Egozentrik und Offenheit

Der Film hat sich gewandelt bei der Entstehung, untergründige Ängste traten an die Oberfläche, der Krieg, der hier geführt wird, wurde auch ein Krieg der Kämpfer gegen sich selbst.

Gegen ihren Frust und ihre Verzweiflung, die Angst, was man aus seinem Leben eigentlich gemacht hat - der Angestellte Mac -, oder die, ob man je etwas aus seinem Leben machen wird - der junge Wilde im letzten Semester, Zac Efron. Die Frau (Rose Byrne) hat dabei, als dritte, unerhörten Furor entwickelt, ihr Drive, erklären die Drehbuchautoren, ist wie der von Lady Macbeth, die ihrem Mac einflüstert, und manchmal wird sie Macbeth selbst.

Die große Freiheit in der Durchgangsgesellschaft USA, wo alles mobil und ohne ordentliche Fixierung ist, in einer wundersamen Mischung aus Egozentrik und Offenheit, gebiert immer auch ihre Gespenster und Albträume. Aber es ist das Land, das Robert De Niro in seinem Hausschatz hat, und solange es, wie in diesem Film, seine Robert-De-Niro-Partys feiert, wird es ein glückliches Land sein.

Bad Neighbors, USA 2014 - Regie: Nicholas Stoller. Buch: Andrew Jay Cohen, Brendan O'Brien. Kamera: Brandon Trost. Mit:Seth Rogen, Zac Efron, Rose Byrne . Universal, 96 Minuten.

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Quelle:
SZ vom 13.05.2014
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