Süddeutsche Zeitung

Sprachlabor:Die Breitbeinigen

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Was Söder mit Granit Xhaka verbindet. Und was den feinen Unterschied zwischen dem Papst und einem vierstöckigen Hausbesitzer ausmacht.

Von Hermann Unterstöger

EIN TREUER BEGLEITER dieser Kolumne ist der vierstöckige Hausbesitzer, der im Reich der Enallage, einer auf der Vertauschung von Wortbeziehungen beruhenden Stilfigur, zusammen mit dem warmen Würstchenverkäufer eine führende Position innehat. Leser C. will in diesen Bund als Dritten das katholische Kirchenoberhaupt einführen, das streng genommen das katholische Oberhaupt irgendeiner Kirche wäre und nicht das Oberhaupt der katholischen Kirche. Feiner Unterschied: Der Papst kann, ja sollte katholisch sein, wohingegen der Besitzer des vierstöckigen Hauses selber besser nicht vierstöckig ist.

DASS MARKUS SÖDER mehr als einmal am Tag in der Zeitung vorkommt, ist bei seiner Bedeutung zu erwarten. Dass er aber an einem Tag zweimal als "breitbeinig" beschrieben wird, erstaunt Leser U. denn doch. Dabei ist die Breitbeinigkeit, sei sie körperlich gemeint oder wesenhaft, überhaupt kein Alleinstellungsmerkmal Söders. Hier ein kleiner Rückblick darauf, wer oder was in jüngster Zeit "breitbeinig" genannt wurde: Friedrich Merz ( Focus), Putin und Xi Jinping (FAZ), Niedersachsen (auch FAZ), Olaf Scholz beim Doppelwumms ( Münchner Merkur), Granit Xhaka (das ist kein Gestein, sondern ein Fußballer; NZZ) und der Volvo V90 Recharge T6 AWD ( Frankenpost, Freies Wort Suhl, Meininger Tagblatt usw.). Wie wäre es, wenn Söder einmal als "breitstirnig" vorgestellt würde, in Anlehnung an die Odyssee, wo die Rinder gern so genannt werden (z. B. 3, 382), im Gegensatz zu den "breitzüngichten" Wasserkrähen (5, 66)?

ZUR NACHRICHT, dass Chinas Bevölkerung schrumpft, sagt Leser Dr. S. trocken: "Um wie viele Zentimeter denn?" Natürlich schrumpft deren Zahl, doch könnte man, im Hinblick auf den Kern des Wortes schrumpfen, auch hier fragen, ob diese denn Runzeln bekomme. Herrn S.' Hauptpunkt ist indes die Aussage, dass die Zahl um 850000 auf 1,41 Milliarden geschrumpft sei. Sein Einwand: Es waren vorher und nachher 1,41 Milliarden. Bei minus 850 000 könne die Bevölkerung allenfalls von - gerundet - 1,411 auf 1,410 Milliarden schrumpfen.

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