Süddeutsche Zeitung

Studie zur Erwerbstätigkeit:Ostdeutsche Frauen arbeiten mehr

Lesezeit: 2 min

Frauenbeschäftigungsquote unterliegt noch immer großen Ost-West-Unterschieden

Seit einem Vierteljahrhundert ist Deutschland nun nicht mehr durch eine Mauer geteilt. Doch die Auswirkungen der Sozialisierung in den vierzig Jahren vor dem Zusammenbruch der DDR sind auch noch im wiedervereinten Deutschland zu spüren. Wie die Bertelsmann-Stiftung in einer Studie herausfand, gehen weiterhin deutlich weniger Frauen im Westen arbeiten als im Osten. Zwar mache der Westen deutliche Fortschritte, aber die Kluft zwischen alten und neuen Bundesländern werde trotzdem nicht kleiner, im Gegenteil.

Ingsesamt positive Entwicklung in Ost und West

Für die Studie haben die Forscher Zahlen der Jahre 2006 und 2012 miteinander verglichen. Demnach hat mehr als jede zweite Frau im Westen einen sozialversicherungspflichtigen Job. Die Quote stieg von 45,8 auf 50,9 Prozent. Dennoch wächst die Differenz zwischen Ost und West weiter an, denn im Osten kletterte der Wert zugleich von 50,9 auf 57,9 Prozent. Betrug die Differenz im Jahr 2006 noch 5,1 Prozentpunkte, so ist sie durch die gesamte Entwicklung im Jahr 2012 auf 7 Prozentpunkte gestiegen. Bundesweit liegt die Beschäftigungsquote der Frauen mit 51,8 Prozent immer noch deutlich hinter der der Männer (59,2 Prozent).

Untersucht wurde die Frauenbeschäftigungsquote aller kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland. Die Quote gibt an, wie viel Prozent der weiblichen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter von 18 bis 64 Jahren am Wohnort als sozialversicherungspflichtig beschäftigt gemeldet sind.

Die höchste Quote hat Sachsen

Spitzenreiter unter den Bundesländern ist Sachsen (58,5 Prozent), gefolgt von Brandenburg (58,0 Prozent) und Thüringen (58,0 Prozent). Die geringsten Quoten sind dagegen im Saarland (47,2 Prozent) und in Nordrhein-Westfalen (47,5 Prozent) zu verzeichnen, gefolgt von Niedersachsen (50,4 Prozent) und Rheinland-Pfalz (50,6 Prozent).

Gründe liegen in der Sozialisierung

Barbara Riedmüller, Professorin an der Freien Universität Berlin und Expertin für Sozial- und Arbeitsmarktfragen, sieht als Ursache dafür eine weiterhin anhaltende kulturelle Differenz. "In Westdeutschland steigen die Frauen aus, wenn sie ein Kind bekommen. Das kommt für Frauen in den neuen Bundesländern nicht infrage", so Riedmüller. Es werde auch in Zukunft unterschiedliche Frauen-Erwerbsquoten auf dem bundesweiten Arbeitsmarkt geben, betont die Wissenschaftlerin.

Kirsten Witte von der Bertelsmann-Stiftung bestätigt die Sicht der Forscherin. "Die Ost-Rollenbilder waren sehr lange egalitär geprägt - also beide Geschlechter in der Regel berufstätig. Im Westen ist dieses gleichberechtigte Doppelverdiener-Modell weniger stark verbreitet. Hier ist meist der Mann der Hauptverdiener", sagt Witte.

Nur einen Bereich gibt es der Wissenschaftlerin Riedmüller zufolge, in dem die Frauen bislang aufgeholt hätten: die Politik. Die restliche Arbeitswelt sei von diesem Erfolg bislang noch weit entfernt. "Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss für Frauen deshalb auch im Westen weiter vorangetrieben werden. Und auch die Männer müssen stärker integriert werden", sagt die Professorin.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2303400
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dpa/dgr
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.