Süddeutsche Zeitung

Nordrhein-Westfalen:Polizei lehnt Bewerberin wegen Silikonbrüsten ab

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Keine Silikonbrüste im Dienst

Wer in Deutschland Polizist werden will, muss nicht nur einen einwandfreien Charakter vorweisen, er muss auch jederzeit bereit sein, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einzutreten. Zudem sollte er oder sie nicht an allzu sichtbaren Stellen tätowiert sein. Viele Bundesländer und auch die Bundespolizei haben außerdem nur Interesse an Anwärtern bis zu einem bestimmten Höchstalter und ab einer bestimmten Mindestkörpergröße - wobei diese beiden Punkte sich zuletzt als nicht wirklich juristisch haltbar erwiesen haben.

Soweit bekannt, konnte eine Bewerberin in Nordrhein-Westfalen all die genannten Kriterien erfüllen. Da Polizisten jedoch vom Staat bezahlt werden, will selbiger unbedingt sicherstellen, dass seine Angestellen lange und gesund ihrer Arbeit nachgehen können - und da vermutete der diensthabende Polizeiarzt bei der jungen Frau ein Problem. Ihrer Silikonimplantate wegen wurde sie als für den gehobenen Polizeidienst untauglich eingestuft, wie Der Westen berichtet. Das wollte die 31-Jährige nicht akzeptieren und klagte.

Seit vergangenem Donnerstag beschäftigt der Fall nun das Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen. Die Polizei fürchtet vor allem das von den Silikonkissen ausgehende Langzeitrisiko. Wenn bei einem Einsatz ein Implantat reiße, könne das im schlimmsten Fall zur Dienstunfähigkeit führen, hieß es im Prozess.

Um die Bedenken ihres potenziellen Arbeitgebers auszuräumen, beruft sich die Klägerin vor Gericht auf einen Sonderfall. Ihre Silikonimplantate seien schließlich besonders geschützt, weil sie hinter dem Brustmuskel lägen. Ob ihr das bei einer Schuss- oder Stichverletzung viel helfen würde, sei dahingestellt.

Gericht zieht Spezialistin zu Rate

Bei den Einstellungsvoraussetzungen für Polizisten in NRW sind Silikonimplantate nicht explizit erwähnt. Zur fälligen ärztlichen Untersuchung heißt es nur, dass eingestellt werden könne, wer "aus polizeiärztlicher Sicht polizeidiensttauglich" sei. Das lässt freilich eine Menge Raum für Interpretationen. Auch die weitere Erläuterung dazu hilft beim aktuellen Fall nicht weiter: "Zur Polizeiärztlichen Untersuchung gehört auch die Dokumentation und Bewertung von Körperschmuck (Tattoos, Piercing, ...)."

Die Richter wollen laut Der Westen nun erst einmal eine Spezialistin für plastische Chirurgie zu Rate ziehen. Zuvor räumten sie ein, dass grundsätzlich jede Vorschrift - obschon sich wie beschrieben eine solche unter den Einstellungsvoraussetzungen gar nicht findet - offen für Ausnahmen sein müsse. Das Urteil wird voraussichtlich erst in einigen Monaten gefällt.

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