Süddeutsche Zeitung

Urteil:EuGH stärkt Arbeitnehmerrechte bei Urlaubsanspruch

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Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub darf nach Urteilen des Europäischen Gerichtshofs nicht automatisch deshalb verfallen, weil der Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt hat. Dies dürfe nach EU-Recht nur dann geschehen, wenn der Arbeitgeber nachweisen könne, dass er seinen Angestellten angemessen aufgeklärt und in die Lage versetzt habe, den Urlaub zu nehmen, urteilten die Luxemburger Richter.

Verhandelt wurde die Frage anhand von zwei Fällen aus Deutschland, die von den nationalen Gerichten zur Klärung an den Europäischen Gerichtshof verwiesen worden waren. Ein ehemaliger Rechtsreferendar des Landes Berlin hatte sich dafür entschieden, in den letzten fünf Monaten seines Referendariats keinen Urlaub zu beantragen und forderte dafür finanziellen Ausgleich. Sein Arbeitgeber argumentierte jedoch, er sei nicht daran gehindert gewesen, den Urlaub zu nehmen. Auch ein früherer Angestellter der Max-Planck-Gesellschaft fordert eine Auszahlung für nicht genommenen Urlaub aus zwei Jahren.

Der EuGH betonte nun, dass der Arbeitnehmer im Verhältnis zu seinem Chef in der schwächeren Position sei. Das könne ihn davor zurückschrecken lassen, auf sein Urlaubsrecht zu bestehen. Deshalb dürfe der Urlaubsanspruch oder eine entsprechende Ausgleichszahlung nach EU-Recht nur dann verfallen, wenn der Arbeitnehmer nachweislich aus freien Stücken verzichtet habe. Die Beweispflicht liege beim Arbeitgeber. Dies gelte sowohl für öffentliche als auch für private Arbeitgeber.

Nach deutschem Recht erlischt der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub in der Regel am Ende des Arbeitsjahres, falls der Arbeitnehmer zuvor keinen Urlaubsantrag gestellt hat.

Urlaubsanspruch kann vererbt werden

In einem weiteren Urteil stellte das Gericht fest, dass beim Tod eines Arbeitnehmers die Erben eine finanzielle Abgeltung für nicht genommenen Urlaub verlangen können. Geklagt hatten zwei Witwen aus Deutschland. Ihre verstorbenen Ehemänner hatten vor ihrem Tod nicht alle Urlaubstage genommen. Für diese Tage wollten die beiden Frauen als Erbinnen eine Vergütung bekommen. Nach deutschem Recht geht eine solche finanzielle Vergütung allerdings nicht in die Erbmasse über.

Mit seinem Urteil hat der Gerichtshof aber bestätigt, dass sich die Erben auf das Unionsrecht berufen können. Das gilt gleichermaßen für die Angehörigen von Mitarbeitern öffentlicher und privater Arbeitgeber.

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