Süddeutsche Zeitung

Corona:Vorsicht ja, Panik nein

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In Südafrika ist eine neue Virusvariante aufgetaucht. Wie gefährlich sie tatsächlich ist, lässt sich jetzt noch nicht mit Gewissheit sagen.

Kommentar von Werner Bartens

Eine neue Mutation des Coronavirus beschäftigt die Welt. Noch wird die zuerst in Südafrika beobachtete Variante mit dem Kürzel B.1.1.529 bezeichnet, bald wird ihr womöglich ein Buchstabe des griechischen Alphabets zugeordnet. Es gibt Tausende Mutationen von Sars-Cov-2, das haben Viren so an sich und ist ihrer schlampigen Vermehrung geschuldet, bei der es immer wieder zu Ablesefehlern im Erbgut kommt. Die meisten Mutationen bleiben folgenlos und verändern das Virus kaum. Einige wenige können bedrohlich werden, die Weltgesundheitsorganisation teilt sie in Variants of Interest (VOI) und Variants of Concern (VOC) ein.

Noch ist wenig über die neue Variante bekannt. Zahlreiche Veränderungen im Spike-Protein könnten dafür sprechen, dass sie gefährlicher ist als ihre Vorgänger und als Escape-Mutation gar den Schutz durch die Impfung unterläuft. Das ist aber keineswegs gesichert. Virologen weisen darauf hin, dass es auch bei früheren Mutationen auf den ersten Blick besorgniserregende Veränderungen gab, die sich dann doch nicht als gefährlicher herausgestellt haben. Ob aus der südafrikanischen Variante ein noch bedrohlicheres Virus als die Delta-Variante wird, das sowohl ansteckender ist als auch mit schweren Verläufen einhergeht, ist ungewiss. Keiner kann das Ausmaß der Bedrohung derzeit zuverlässig einschätzen. Gut möglich, dass in wenigen Wochen niemand mehr über B.1.1.529 spricht.

Panik ist unbegründet, die Unsicherheit groß. Was hingegen sicher ist: Die Mutante hat bereits die Köpfe infiziert. Die Bereitschaft zu Alarmismus ist gegenwärtig ähnlich groß wie die Angst, schließlich könnte sich die Bedrohungslage weiter verschärfen. Flugverbindungen werden bereits eingestellt, Grenzen abgeriegelt. Vielleicht ist das übertriebene Vorsicht, vielleicht genau der richtige Schritt. Was außerdem sicher ist: Das Risiko für Mutationen und gefährliche Varianten ist umso größer, je mehr Viren unterwegs sind. Hohe Inzidenzen bedeuten großen Infektionsdruck. Der beste Weg gegen die Angst und gegen womöglich immer gefährlichere Zyklen der Pandemie sind Maßnahmen zur Eindämmung. Sofort, nicht irgendwann. Nicht nur hier, überall auf der Welt. Wenn immer mehr Menschen Impfstoffe bekommen und Kontakte beschränken und in jenen Ländern, die über genug Vakzin verfügen, möglichst viele geimpft sind, findet das Virus schlicht keine Möglichkeit, neue Varianten zu entwickeln.

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