Süddeutsche Zeitung

Infektionskrankheiten:Masern-Rekord in Europa

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Von Berit Uhlmann

Von einer Tragödie hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO im vergangenen Jahr gesprochen. Etwa 24 000 Masernfälle waren europaweit aufgetreten - mehr als in jedem anderen Jahr dieses Jahrzehnts. Doch was derzeit passiert, stellt dieses Rekordjahr weit in den Schatten.

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres steckten sich allein in der Ukraine 23 000 Menschen mit dem Virus an. Sechs weitere Länder - Frankreich, Georgien, Griechenland, Italien, Russland und Serbien - erlebten Ausbrüche mit mehr als 1000 Fällen. Insgesamt infizierten sich im ersten Halbjahr mehr als 41 000 Menschen in der Europa-Region der WHO, zu der auch einige asiatische Staaten zählen.

37 von ihnen starben, die meisten in Serbien. Denn die hoch ansteckende Krankheit kann sehr viel schwerer verlaufen, als viele Menschen glauben. Akut können Masern-Infektionen bei Kindern Lungen- und Mittelohrentzündungen auslösen. Besonders gefürchtet ist eine Spätkomplikation namens SSPE. Die sogenannte subakute sklerosierende Panenzephalitis ist eine Entzündung des gesamten Gehirns, die in der Regel tödlich endet.

"Wir erleben einen dramatischen Anstieg der Infektionen und lang dauernde Ausbrüche", warnt Zsuzsanna Jakab, die Regionaldirektorin der WHO für Europa. Sie rief die Mitgliedsländer dazu auf, die Impfraten zu erhöhen. Damit sich das Masernvirus nicht weiter verbreiten kann, müssen mindestens 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Europaweit sind es nur 90 Prozent, einige Länder erreichen nicht einmal eine Quote von 70 Prozent.

Und es gibt weitere Rückschläge: Italiens neue Regierung hat die erst vor einem Jahr eingeführte Impfpflicht für zehn Immunisierungen wieder gekippt. Dabei hatte die Maßnahme erfolgversprechend begonnen. Die Impfraten gegen Masern, Mumps und Röteln stiegen im ersten Jahr der Impfpflicht um 4,4 Prozent an.

In Deutschland ist die Lage derzeit weniger drastisch. Im ersten Halbjahr traten 387 Masern-Fälle auf, weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Eine Entwarnung gibt es dennoch nicht. Die Impfquote stagniert hierzulande seit Jahren bei etwa 93 Prozent - und gibt dem Erreger damit immer wieder Chancen, um sich zu greifen.

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