Süddeutsche Zeitung

Länder einigen sich auf Standards:Gleiches Abitur für alle

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In Zukunft soll das Abitur vergleichbar sein - egal, ob ein Schüler die Reifeprüfung in Schleswig oder Lindau ablegt. Darauf haben sich die Kultusminister der Länder geeinigt. Von 2017 an werden die Standards in den Kernfächern gelten - doch einige Fragen bleiben noch offen.

Als vor zwei Wochen ein Grundschülervergleich teils gravierende Leistungsunterschiede in den Ländern offenbarte, war der Aufschrei groß. Bayern war wieder einmal top, die Stadtstaaten Flop. Aber wie sieht es bei Abiturienten mit den Leistungsunterschieden aus? Darüber ließ sich bislang nichts Verlässliches sagen - denn in jedem der 16 Bundesländer wird ein anderes Abitur geschrieben.

Von 2017 an soll sich dies ändern. Dann werden - so der Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) - in allen 16 Bundesländern vergleichbar schwere Abiturprüfungen geschrieben. Die Kultusminister waren überaus zufrieden mit sich: Exakt fünf Jahre nach dem grundsätzlichen Ja zu einheitlichen Prüfungsanforderungen brachten sie jetzt bundesweit verbindliche Standards auf den Weg. "Das ist ein ganz wichtiger Schritt zu einer verbesserten Vergleichbarkeit der Abiturprüfungen", fasste Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) den allgemeinen Tenor zusammen.

Seit Jahren hält sich hartnäckig das Gerücht, dass in dem einen oder anderen Bundesland das Abitur viel leichter zu haben ist als anderswo - auch wenn es dafür freilich keine wissenschaftlichen Belege gibt.

Wer Bildungsstudien ernst nehme, räumte KMK-Präsident Ties Rabe (SPD) am Freitag ein, könne nicht die Augen davor verschließen, dass die Schüler in Deutschland ein unterschiedliches Niveau hätten. Von einem "Abitur light" in einzelnen Ländern könne aber auch keine Rede sein. Für Bayern - traditionell einer der Spitzenreiter bei ländervergleichenden Leistungstests - beeilte sich Spaenle jedenfalls zu sagen: "Die Qualität des bayerischen Abiturs bleibt erhalten."

Ein nationales Zentralabitur wie etwa in Frankreich mit einheitlichen Prüfungen, die an einem Tag erfolgen - das wollten die deutschen Kultusminister nicht. Dagegen sprechen nicht nur die unterschiedlichen Ferienregelungen in 16 Bundesländern, auf die Wirtschaft und Tourismusgewerbe vehement pochen und die einen solchen Mammut-Prüfungstag für ganz Deutschland erschweren würden. Zudem befürchten Schulpraktiker, dass eine zentrale Prüfungsvorgabe zwar ein Minimum an Leistung sichert, zugleich aber auch Spitzenausreißer nach oben erschwert.

Doch soviel steht jetzt fest: In knapp fünf Jahren sollen an allen Schulen - mit Ausnahme der Berufsoberschulen - in den Fächern Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch gleich schwere Abiturprüfungen geschrieben werden. Dann sollen sich die Länder aus einem Aufgaben-Pool mit beigefügten Benotungskriterien bedienen können.

Doch ob sie dieses Angebot auch wirklich wahrnehmen und damit für ganz konkrete Vergleichbarkeit sorgen, ist den Ländern selbst überlassen. Nüchtern konstatierte Rabe: "Alles in der Kulturpolitik ist freiwillig - und das auch." Dies zeigt sich auch darin, dass sechs Länder in der Frage einheitlicher Abi-Standards vorpreschen, weil ihnen die Diskussion der vergangenen Jahre innerhalb der KMK nicht schnell genug vorangegangen war. Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen sowie Hamburg wollen daher schon im Mai 2014 mit einem eigenen Aufgaben-Pool starten - und rechnen mit Nachahmern.

Bisher gibt es Bildungsstandards für:

[] GRUNDSCHULEN: für die Fächer Deutsch und Mathematik in der 4. Jahrgangsstufe (hier finden Sie einige der Aufgaben, mit denen die Grundschüler geprüft wurden)

[] HAUPTSCHULEN: für die Fächer Deutsch, Mathematik und die erste Fremdsprache (Englisch/Französisch) beim Abschluss (Jahrgangsstufe 9)

[] REALSCHULEN: für die Fächer Deutsch, Mathematik, die erste Fremdsprache (Englisch/Französisch), Biologie, Chemie und Physik beim Mittleren Schulabschluss (Jahrgangsstufe 10)

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