Süddeutsche Zeitung

Zwiesel:Ein Luftschloss für Niederbayern

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Von Katharina Schmid, Zwiesel

Zum Entschleunigen ins Mittelalter? Wenn es nach Sebastian Schauer geht, soll das künftig im Zwieseler Winkel, genauer auf "Burg Rothberg", möglich sein. Noch nie von dieser Burg gehört? Nun, noch existiert sie nicht, aber Schauer, der Leiter des Burgbauprojekts Rothberg, ist zuversichtlich, dass seine Pläne früher oder später umgesetzt werden. Er möchte auf dem Kellerberg zwischen Lindberg und Zwiesel (Landkreis Regen) eine mittelalterliche Burganlage errichten.

Neben einem Burghotel mit 90 Doppelzimmern, zwei Restaurants und Spa-Bereich sollen die Anlage ein Handwerksdorf und ein Museumsbereich mit Schauhütten ergänzen, in denen mittelalterliche Handwerksberufe gezeigt werden. 13 Millionen Euro soll das kosten, einen Investor sucht er noch. Nachdem er im Fichtelgebirge mit seinen Plänen aufgrund "fehlenden politischen Rückhalts" gescheitert war, ist Schauer optimistisch, dass es in Niederbayern mit der Verwirklichung des Projekts, in dem er Natur- und Entschleunigungstourismus vereint sieht, klappen könnte.

Der politische Rückhalt ist zwar da, jedoch äußert Zwiesels Bürgermeister Franz Xaver Steininger seine Zweifel, ob die Pläne tatsächlich in die Tat umgesetzt werden können. "Die Idee an sich ist schon gut", sagt er, "aber man muss so nüchtern und ehrlich bleiben und sehen, dass am Kellerberg ein ehemaliges Bergwerk, seltene Fledermäuse und ein Landschaftsschutzgebiet vorhanden sind."

Voraussetzungen, die die Umsetzung des Projekts, das als erste Hürde nun das Raumordnungsverfahren nehmen muss, erheblich erschweren dürften. Steininger hält die Grundidee dennoch für gut, auch weil die Burg ein "Alleinstellungsmerkmal" für die Region darstellen würde und den Tourismus in und um Zwiesel ankurbeln könnte.

Doch es gibt auch Widerstand gegen das Burgprojekt. Etwa von Stadtrats- und Bund Naturschutzmitglied Jens Schlüter. Er kritisiert, dass der Kellerberg in seinen ehemaligen Bergwerksstollen mehrere bedrohte Fledermausarten beheimate, deren Lebensraum von der Burganlage bedroht sei. Auch versteht Schlüter nicht, warum Zwiesel eine "landschaftsprägende künstliche Hotelburganlage" brauche, wo die Stadt doch den Nationalpark Bayerischer Wald vor der Haustür habe, der bei angemessener Werbung nach Schlüters Einschätzung weit mehr Touristen nach Zwiesel bringen könnte.

"Aber da wird getan, als wäre er gar nicht da", kritisiert er die Verantwortlichen in der Stadt und fügt konsterniert hinzu: "Das ist mal wieder der Bayerwald-Komplex: Was wir haben, zählt nichts, stattdessen bauen wir eine künstliche Burg." Auch auf Seiten der Anwohner erfährt das Projekt Kritik. Sie fürchten vor allem den Lärm, der entlang des Anfahrtsweges entstehen könnte.

Nur wenige Projekte, die dem aus Zwiesel ähneln, gibt es in Europa. Eines davon im österreichischen Friesach in Kärnten. Im Rahmen der "experimentelle Archäologie" wird hier allein mithilfe mittelalterlicher Handwerkstechniken eine Burg gebaut. Der Prozess des Bauens steht im Mittelpunkt und kann von den Besuchern verfolgt werden.

Das Burghotel in Zwiesel dagegen soll - wenn es denn Realität wird - mit modernen Mitteln errichtet werden, jedoch mit Naturstein und Holz verblendet "so originalgetreu wie möglich" aussehen, sagt Sebastian Schauer: "Von Kitsch- und Disneylandschlössern wollen wir uns definitiv distanzieren." Vielmehr solle eine schlichte Burganlage den Besuchern Raum zur Erholung bieten.

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Quelle:
SZ vom 21.03.2017
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