Süddeutsche Zeitung

Zuwanderer in Deutschland:CSU fordert Deutsch-Pflicht für zu Hause

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Von Mike Szymanski, München

Was die Mehrsprachigkeit angeht, gibt sich die CSU traditionell mit wenig zufrieden. Für Martin Neumeyer, Integrationsbeauftragter der bayerischen Staatsregierung und Landtagsabgeordneter der CSU, reicht fürs Durchkommen in der globalisierten Welt im Grunde: Bayerisch und Deutsch. Das sagt Neumeyer am Freitag und er meint es im Spaß, obwohl ihm eigentlich mal wieder nicht zum Lachen zu Mute ist.

In diesen Tagen bereitet CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer den Parteitag vor, am nächsten Wochenende treffen sich die Christsozialen in Nürnberg. Und weil die CSU den Knalleffekt so liebt, steht im Leitantrag zum Thema Integration folgender Satz: "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu angehalten werden, im öffentlichen Raum und in der Familie Deutsch zu sprechen."

Eine Deutsch-Pflicht? Für einen Augenblick ist Neumeyer sprachlos. Dann sagt er dies: "Das ist ein Schmarrn! Machen wir dann demnächst die Videoüberwachung in den Küchen?" Wenn Neumeyer sich aufregt, muss das nicht viel heißen. In seiner CSU ist er der "Türken-Martin", wie sie ihn nennen, eine Ein-Mann-Minderheit - weil er im Zusammenleben der Kulturen eine Bereicherung sieht.

"Keine Zuwanderung in die Sozialsysteme"

Von seiner Partei kann man das nicht behaupten. Fünf Seiten umfasst das Integrations-Papier, über das der Vorstand am Montag in München auch noch beraten wird. Es ist alles andere als eine Willkommensschrift. Ein "Gewinn für Bayern" ist demnach nur, wer auf eigenen Füßen stehe, etwas leiste und sich ein gutes Auskommen erarbeite. "Nicht willkommen sind uns hingegen Menschen, die unsere Rechts- und Werteordnung missachten und die Toleranz unserer Gesellschaft ausnutzen wollen. Auch künftig gilt für uns: Keine Zuwanderung in die Sozialsysteme." In Bayern könne man nicht alle Krisen der Welt lösen, heißt es lapidar.

Tausende Flüchtlinge konnten in den vergangenen Monaten die Erfahrung machen, was es bedeutet, in Bayern unerwünscht zu sein. Unter teilweise menschenunwürdigen Bedingungen wurden sie in Notunterkünften im Freistaat zusammengepfercht. Erst nach einem öffentlichen Aufschrei lenkten Horst Seehofer und seine Staatsregierung ein und begannen, sich zu kümmern.

Stolz auf restriktive Ausländerpolitik

Die CSU rühmt sich sogar damit, dass man in Bayern härter zu Ausländern ist als andernorts. "In keinem anderen Bundesland werden auch so deutlich Erwartungen an Migranten formuliert", heißt es weiter in dem Entwurf für den Leitantrag. "Deshalb erwarten wir von jedem Migranten, dass er die deutsche Sprache lernt." Und künftig gilt also, wenn es nach der CSU geht: Man spricht deutsch.

Vor ziemlich genau einem Jahr machte sie mit dem Slogan "Wer betrügt, der fliegt" Stimmung gegen Armutsmigranten aus Osteuropa. Wochenlang musste sie sich auch von hohen Kirchenvertretern vorhalten lassen, das Klima zu vergiften. Erst wollte Seehofer mit dem Satz nichts zu tun haben. Er stamme nicht von ihm. Er holte ihn aber auch nie zurück. Auch vor dem Parteitag jetzt bemüht Seehofers CSU wieder die "soziale Hängematte", auf die es Migranten abgesehen hätten. Die Welt sei aus den Fugen geraten, sagt Seehofer in diesen Wochen gerne. Die CSU ist wie sie ist.

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SZ vom 06.12.2014
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