Süddeutsche Zeitung

Vermächtnis:Bayerns Erben streiten selten

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Von Dietrich Mittler, München

Das Erben, es kann ein Fluch sein. Der Schriftsteller Oskar Maria Graf hat es in seinem Dorfroman "Die Chronik von Flechting" geschildert, wie ein Erbe zwei Brüder übel entzweien kann. Auch ist aktuell so manchem noch das Schicksal der Familie Forstmaier aus dem oberbayerischen Kreis Ebersberg in Erinnerung. Dort wurde der Sohn als Höhepunkt eines erbitterten Erbschaftsstreits von der eigenen Mutter vom eingestammten Hof verklagt - eine Bauerntragödie, die einem Ludwig Thoma als Vorlage hätte dienen können.

Doch ein Blick in die neu herausgegebene Studie "Erbschaften in Deutschland 2017" beruhigt. Bayerns Bürger streiten demnach beim Erben im Bundesvergleich eher selten. Konkret kam es im Freistaat bei 14 Prozent der Erbschaftsfälle zu Rechtsstreitigkeiten. Der Bundesschnitt liegt mit 18 Prozent sichtlich höher.

Umgekehrt ist das Verhältnis bei der Anzahl der Erbfälle. Hier gilt: In Bayern wird laut Studie bundesweit am häufigsten geerbt. 38 Prozent der Bürger im Freistaat sind durch eine Hinterlassenschaft bereits zu Vermögen gekommen, der Bundesschnitt liegt bei 35 Prozent. Nicht an erster Stelle liegen die Bayern wiederum bezüglich der Vermögenswerte, die vererbt werden. Hier hat eindeutig Hessen die Nase vor, wo in 24 Prozent (Bayern 22 Prozent) sehr üppige Erbschaften registriert wurden. Jedem vierten Erben, so ergab die von der Quirin Privatbank in Auftrag gegebene Studie, sind in Hessen Werte in Höhe von mindestens 100 000 Euro hinterlassen worden. Ein Grund dafür seien die vielen Immobilien, die dort vermacht wurden.

In Bayern geht es in der Mehrzahl der Erbfälle (70 Prozent) um Bargeld oder um Bankguthaben, die hinterlassen wurden. Auch wird im Freistaat überdurchschnittlich oft Schmuck vererbt - nämlich in 24 Prozent der Erbschaftsfälle (Bundesschnitt 21 Prozent). Wertpapiere - also Aktien oder Fonds - sind laut Studie im Freistaat jedoch nur in acht Prozent der Fälle vermacht worden.

Was Bayern überdies von anderen Bundesländern unterscheidet: Hier kündigen überdurchschnittlich viele Bürger an, ihr Vermögen als Erbe an die nächste Generation weiterreichen zu wollen. In Zahlen ausgedrückt: Genau jeder Zweite hat dies vor. Die Werte, die in Zukunft im Freistaat vererbt werden, dürften in ihrer Höhe steigen. Wie die neue Studie ergab, wird die Summe in 48 Prozent der Fälle bei mehr als 100 000 Euro liegen.

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SZ vom 08.06.2017
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