Süddeutsche Zeitung

Verfassungsschutzbericht:Herrmann warnt vor Islamisten-Propaganda

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Von Daniela Kuhr, München

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warnt vor der zunehmenden Internet-Propaganda von Islamisten. Vor allem der Islamische Staat (IS) bediene sich des "ganzen Spektrums der modernen Informations- und Kommunikationstechnologie", sagte Herrmann am Montag bei der Vorstellung des Halbjahresberichts des Landesverfassungsschutzes in München. Dabei würden unter anderem "brutalste Propagandavideos mit Massenhinrichtungen" verbreitet. Ziel sei es, "den IS als unerbittlich und unbesiegbar darzustellen und so Abschreckung und Glorifizierung miteinander zu verbinden".

Was dem Innenminister besonders Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass diese Internet-Hetzschriften zunehmend auch Minderjährige anzögen: Männliche Jugendliche würden sich vor allem mit den Berichten über die "Erfolge" der "Mujahidin" identifizieren. Und "verblendete junge Frauen" träumten von einem vermeintlich "gottgefälligen" Leben in der Hauptstadt des IS-Kalifats Raqqa, sagte Herrmann.

"Gleichgesinnte von den Vorzügen des Kalifats überzeugen"

Beispielsweise halte sich eine Minderjährige, die Anfang dieses Jahres ohne das Wissen ihrer Eltern aus dem Großraum München ausgereist sei, offenbar noch immer in Syrien oder in Irak auf. Von dort aus schwärme sie in den sozialen Netzwerken im Internet "vom Leben in der Gemeinschaft des IS" und versuche, "Gleichgesinnte von den Vorzügen des Kalifats zu überzeugen", sagte der Minister weiter. "Ob diese Aussagen freiwillig erfolgen, lässt sich nicht nachvollziehen."

Laut Sicherheitsbehörden muss man davon ausgehen, dass derzeit bundesweit mehr als 720 Islamisten an der Seite von Dschihadisten an Kampfhandlungen in Syrien oder Irak teilnehmen oder diese unterstützen. Vor zwei Jahren waren es noch 50. Seither hat sich die Zahl also mehr als verzehnfacht. Allein aus Bayern seien mehr als 65 Personen in Richtung Syrien oder Irak ausgereist - oder würden dies zumindest planen, sagte Herrmann.

Um eine weitere Radikalisierung möglichst zu verhindern oder ihr zumindest frühzeitig zu begegnen, will die Staatsregierung nun von Innen-, Justiz-, Kultus- und Sozialministern ein gemeinsames Netzwerk aufbauen lassen. Zudem soll eine zentrale Stelle eingerichtet werden, "die Angehörige radikalisierungsgefährdeter Personen und Radikalisierte im Frühstadium berät" sowie Hilfe zum Ausstieg anbietet. Für diese Beratungsstelle werden 400 000 Euro aus dem Polizeihaushalt zur Verfügung gestellt.

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Quelle:
SZ vom 04.08.2015
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