Süddeutsche Zeitung

Tradition:Ärger über ungeschminkte Sternsinger

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Die Dreikönigssänger in Töging sind heuer erstmals komplett ohne Schwärze in den Gesichtern durch die Stadt gezogen. Was ihnen Debatten ersparen sollte, hat allerdings das Gegenteil bewirkt.

Von Matthias Köpf

Dass die angeblichen drei Könige zu fünft waren, wäre für sich allein noch nicht verdächtig gewesen. Schließlich muss wer den Stern tragen, und eine erwachsene Begleitperson ist oft auch nicht verkehrt. Zu Verdächtigen hat die fünf mutmaßlichen Betrüger, welche die Oberstdorfer Polizei neulich beim falschen Sternsingen ertappt haben will, aber erst gemacht, dass drei von ihnen Frauen im Alter zwischen 31 und 34 Jahren und nur zwei Kinder von elf und 14 Jahren waren.

Andererseits sollen ja auch die echten Könige damals Erwachsene gewesen sein. Die Quellen sind da zwar Glaubenssache, aber rein altersmäßig wären die Dreikönigssänger im oberbayerischen Töging demnach jedenfalls näher dran als die üblichen kindlichen Sternsinger. Dafür hinken sie jetzt mit ihrer Blackfacing-Debatte hinterher.

Die Töginger Sänger sind nach zweijähriger Corona-Pause und reiflicher interner Debatte heuer erstmals ohne schwarz geschminkte Mitglieder durch die Stadt gezogen. Dass jetzt also alle mit der Hautfarbe auftraten, die sie halt so haben, ist in Töging aber umstritten. Bürgermeister Tobias Windhorst (CSU) etwa wünschte sich angesichts dessen neulich beim Neujahrsempfang, man möge seltener "die Moralkeule" schwingen. Dabei hatte den Sängern gar niemand von außen eins übergezogen, womit auch immer. Vielmehr entsprang der Vorschlag einer Diskussion unter den Sängern.

Die Diskussion über die Sänger hat erst Windhorsts Neujahrswunsch richtig in Fahrt gebracht, dokumentiert ist sie im Alt-Neuöttinger Anzeiger. Die einen verweisen demnach darauf, dass Blackfacing längst weithin unüblich sei und dass auch das "Sternsinger"-Kinderhilfswerk der katholischen Kirche die Sache auf die einfache Formel "Kommt so, wie ihr seid!" gebracht hat. Zudem ließen sich hinterher die Gewänder leichter reinigen.

Das Argument, man erspare sich so womöglich ungute Diskussionen, zieht nun allerdings nicht mehr. Die andere Seite argumentiert im Wesentlichen damit, dass es in Töging seit bald hundert Jahren immer schwarz geschminkte Dreikönigssänger gegeben habe. Unbestrittener Kern der Tradition ist jedenfalls das Sternenlied, das mitsamt der Singerei 1928 von Ettal nach Töging gelangt ist. Laut seiner fünften Zeile lohnt sich jede Art von Schminke sowieso nicht: "O Glaubensstern, die Welt ist blind."

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