Süddeutsche Zeitung

Spendenaffäre:Regensburg: Mit der SPD zurück in die politische Vergangenheit

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Wie der Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und sein Fraktionschef versuchen, die Parteispendenaffäre auszusitzen, ist ebenso dilettantisch wie unglaubwürdig.

Kommentar von Wolfgang Wittl

Es muss wirklich schlimm stehen um den Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs und den Fraktionschef seiner Stadtrats-SPD, Norbert Hartl. Anders ist der dilettantische und schon jetzt gescheiterte Versuch einer medialen Vorwärtsverteidigung nicht zu erklären.

In einem ihm wohlgesinnten Anzeigenblatt gab Hartl zu, einem Bauträger bereits vor der Ausschreibung eines städtischen Grundstücks einen Entwurf der Vergabekriterien geschickt zu haben - in Kenntnis seines Oberbürgermeisters. Dafür übernehme er "die volle Verantwortung".

Worin die bestehen soll, ist nicht zu erkennen. Einen Rücktritt schloss Hartl bis zum Donnerstag aus, aber darauf kommt es ohnehin nicht mehr an. Die Regensburger haben sich daran gewöhnt, dass Wolbergs und Hartl glauben, die Spendenaffäre aussitzen zu können. Beide stören sich auch nicht daran, dass die Hinweise auf unsaubere Machenschaften zwischen Bauträger und Stadtspitze Woche für Woche zunehmen.

Noch einmal: Ein Fraktionschef fragt mit Wissen des Oberbürgermeisters lieber eine Baufirma als die eigene Verwaltung, ob die Vergabekriterien für ein Zig-Millionen-Projekt genehm sind. Und der OB greift trotzdem nicht ein. Es ist nicht einmal auszuschließen, dass sogar Teile der Ausschreibung in den Büros der Baubranche formuliert wurden. Das klingt nach tiefstem CSU-Sumpf alter Zeiten.

Die nibelungentreue SPD in Regensburg schaffte es nicht, ihre Wahlsieger kritisch zu hinterfragen. Viel zu lange hat sie sich ihnen ausgeliefert, für ein glaubwürdiges Aufräumen ist es nun fast zu spät. Den Preis dafür werden zunächst ihre lokalen Kandidaten bei der Bundes- und Landtagswahl zu bezahlen haben. Wolbergs und Hartl indes verkörpern bereits jetzt die politische Vergangenheit. Die Frage ist nur, wie sehr sie ihre Partei noch leiden lassen wollen.

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Quelle:
SZ vom 16.12.2016
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