Süddeutsche Zeitung

Jahreswechsel:Silvester in den Bergen? Vielleicht 2021!

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Wer in den bayerischen Alpen feiern will, der sollte sich frühzeitig nach einer Hütte umschauen. Und selbst das ist keine Garantie.

Von Isabel Bernstein

Wer Silvester in den Bergen feiern wird, denkt an Abgeschiedenheit. An Ruhe. An Schneemassen. Woran viele Menschen nicht denken: Sie müssen sich schon nach einer Hütte umschauen, wenn die wenigsten von ihnen den kommenden Jahreswechsel überhaupt im Kopf haben - im Frühjahr, spätestens aber im Sommer. Sonst sind die Berghütten schon ausgebucht.

Im Winter haben viele Unterkünfte in höheren Lagen geschlossen, und die wenigen, die ihren Urlaub über Neujahr unterbrechen, werden von Anfragen jedes Jahr schier überrannt. Für viele Gäste sei der Jahreswechsel "wie eine Hochzeit, viele wollen da etwas Besonderes", sagt Monika Brecht, Wirtin der Priener Hütte. Das Haus in den Chiemgauer Alpen ist bereits für die nächsten drei Jahre Silvester mit jeweils etwa 70 Personen ausgebucht, erst für 2021 gibt es wieder Kapazitäten. Brecht vermietet inzwischen nur noch an eine große Gruppe. Das Hin und Her mit einzelnen, die kurz vor Silvester wieder absagen oder denen das Abendmenü nicht gefällt, war ihr schon nach ihrem ersten Jahr als Wirtin zu viel.

"Jeder Mensch will einmal auf einer Hütte Silvester feiern", sagt Ulrike Erd. Sie ist seit 14 Jahren Wirtin des Staufner Hauses bei Oberstaufen, aber nur noch bis zum Ende des Jahres. Dann werden sie und ihr Mann Christoph das Prinz-Luitpold-Haus am Allgäuer Hochvogel übernehmen. Teils erhält sie noch am 29. Dezember Anfragen für Silvester, aber da sind die Plätze freilich längst schon vergeben. Die ersten Reservierungen trudeln hier am Hochgrat bereits am 1. Januar ein, wenn sich die Gäste wieder auf den Weg nach unten machen. In manchen Unterkünften sind die Silvestergäste noch früher dran: Im Carl-von-Stahl- und im Spitzsteinhaus etwa gibt es jetzt schon Anfragen für übernächstes Silvester.

Doch nicht nur frühzeitiges Planen ist wichtig, wenn man eine Chance auf einen Platz haben möchte. Einige Wirte legen auch Wert darauf, dass ihre Gäste zueinanderpassen. Denn während die einen dem Trubel im Tal entkommen wollen, suchen andere eben das Gegenteil: eine große Sause mit Musik, Alkohol und Raketen zum Jahresausklang. Genau so etwas will Yvonne Tremmel auf dem Brünnsteinhaus nicht haben. "Wir sind halt eine Alpenvereinshütte", sagt die Wirtin mit Blick auf die "Partypeople", wie sie die Feierwilligen nennt. Die Silvesterabende verlaufen bei ihr ruhig. Abends gibt es für die rund 50 Gäste - viele kennt Tremmel bereits aus den Jahren zuvor - ein Drei-Gänge-Menü, um Mitternacht wird mit Sekt angestoßen, danach gehen alle ins Bett. Livemusik, wie in manch anderen Hütten, gibt es nicht. Der Aufstieg zum Brünnsteinhaus dauert zwei Stunden, "da kannst du keine Band hochkarren". Die Plätze sind oft schon an Ostern vergeben, "eigentlich", sagt die Wirtin, "müsstest du jetzt schon für nächstes Jahr reservieren".

Auch wenn Silvester in den bayerischen Alpen so beliebt ist, werden in der Zeit nicht alle Betten belegt. "Wir bekämen dafür gar nicht das Personal her", erklärt etwa Helmut Kuen. In seiner Vorderkaiserfeldenhütte im Zahmen Kaiser stehen 60 anstelle der 90 Plätze zu Verfügung, die Priener Hütte von Monika Brecht hat eigentlich Platz für 100 Personen, nicht nur für 70. Doch auch bei weniger Gästen ist der 31. Dezember für die Mitarbeiter herausfordernd genug. Tagsüber müssen die Vier- bis Fünf-Gänge-Menüs vorbereitet, die Hütte aufgeräumt und die Tagesgäste versorgt werden, abends braucht es dann nicht nur Helfer in der Küche, sondern auch beim Bedienen. "Silvester ist für uns als Gastronomen Ausnahmezustand", sagt Brecht.

Auch in finanzieller Hinsicht. Manche Unterkünfte verlangen an dem Abend 100 Euro und mehr pro Person, dafür sind dann Livemusik, Mitternachtsbuffet, Getränke und ein Feuerwerk inklusive. Vor der Vorderkaiserfeldenhütte etwa zündet Helmut Kuen jedes Jahr ein Feuerwerk, und auch an der Priener Hütte wird, trotz Naturschutzgebiet, die eine oder andere Rakete abgefeuert. Ganz ohne eigenes Feuerwerk wollen offenbar selbst die abgeschiedensten Hütten nicht ins neue Jahr starten.

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Quelle:
SZ vom 22.12.2018
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