Süddeutsche Zeitung

Salmonellen-Skandal:Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen ehemaligen Bayern-Ei-Chef

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Von Philipp Grüll und Frederik Obermaier, Regensburg

Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat Anklage gegen den Eigentümer und ehemaligen Geschäftsführer der skandalgebeutelten Firma Bayern-Ei erhoben. Dem 45-jährigen Stefan Pohlmann wird nach Information der Süddeutschen Zeitung und des Bayerischen Rundfunks Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen, dazu gefährliche Körperverletzung, "vorsätzliches Inverkehrbringen gesundheitsschädlicher Lebensmittel", gewerbsmäßiger Betrug, "unerlaubtes Betreiben einer Anlage" und Tierquälerei.

SZ und BR hatten 2015 aufgedeckt, dass Pohlmanns Firma - das Unternehmen Bayern-Ei - 2014 offenbar einen europaweiten Salmonellenausbruch mit Hunderten Erkrankten und mindestens einem Toten ausgelöst hat. In den Ställen der Firma waren zuvor mehrmals Salmonellen nachgewiesen worden, dennoch ließ Pohlmann offenbar weiterhin Eier ausliefern. Eine Warnung unterblieb.

Der Unternehmer war im August 2015 zunächst festgenommen worden. Er befindet sich seit 2016 gegen Kaution wieder auf freiem Fuß. Nach einem monatelangen Verkaufsverbot produziert das Unternehmen nun auch wieder Eier. Pohlmann stand Mitte der Neunzigerjahre schon einmal vor Gericht. Damals wurde ihm und seinem Vater Anton Pohlmann, der zugleich sein Kompagnon war und von Tierschützern "Tierquäler der Nation" genannt wurde, vorgeworfen, in einem Hühnerstall Nikotin versprüht haben zu lassen und einen Arbeiter damit beinahe getötet zu haben. Pohlmann senior wurde damals zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Millionenstrafe verurteilt. Stefan Pohlmann kam mit einer Zahlung von 100 000 Mark davon, nachdem sein Vater alle Schuld auf sich genommen hatte.

Diesmal droht Pohlmann junior eine mehrjährige Haftstrafe. Im Bayern-Ei-Skandal gerieten auch die bayerischen Behörden in die Kritik. Sie hatten schon früh von Salmonellenbefall bei der Firma Bayern-Ei gewusst. Die Bevölkerung wurde jedoch nicht gewarnt. So lieferte Bayern-Ei weiter Hunderttausende Eier aus, sie landeten auf dem Teller Zehntausender Menschen. "Das ist ungefähr so, wie wenn ein Fluss choleraverseucht ist und ich schicke die Kinder weiter zum Baden in den Fluss", kommentierte dies ein ausländischer Wissenschaftler, der mit der Aufklärung des Salmonellenausbruchs zu tun hatte.

Bayerns Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf (CSU) hatte sich in der Sache früh festgelegt: Die Behörden seien ihrer Verantwortung "völlig gerecht" geworden. Wenig später jedoch suspendierte ihr Ministerium zwei hohe Beamte. Ein Amtstierarzt soll Bayern-Ei vor Betriebskontrollen gewarnt haben. Und einem Mitarbeiter der Regierung von Niederbayern wurde vorgeworfen, dem Unternehmen eine Probeentnahme angekündigt zu haben.

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Quelle:
SZ vom 10.01.2017
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