Süddeutsche Zeitung

Regierungserklärung "Heimat 2020":Söder wirft das Netz aus

Lesezeit: 2 min

In seiner Regierungserklärung zum Thema Heimat verkündet der Minister allerlei Initiativen, die die Online-Anbindung auf dem flachen Land verbessern sollen. Die SPD spricht von einem "Durchbruch", Ilse Aigner applaudiert damenhaft.

Von Frank Müller, München

Je älter oder auch reifer Finanz- und Heimatminister Markus Söder wird, desto mehr legt er darauf Wert, ein seriöser Politiker mit Tiefgang zu sein. Andererseits: Den Sinn für den plakativen Effekt wird der jetzt 47-Jährige niemals ablegen. Deswegen steht Söder am Donnerstag mit einer Trachtenjacke und grüner Krawatte am Rednerpult des Landtags. Eine Regierungserklärung zur Landesentwicklung steht an, aber der Titel, den Söder seinem Vortrag gibt, klingt natürlich viel schöner: "Heimat Bayern 2020".

2020? Das Datum scheint Söder wichtig zu sein, womöglich will er dann auf seine ersten zwei Jahre als bayerischer Ministerpräsident zurückblicken. Bei seinem Auftritt am Donnerstag lässt Söder allfällige künftige Ambitionen jedoch nur aufblitzen. Es ist gegen Ende seiner 34-minütigen Rede, als Söder unter dem Motto "Blick in die Zukunft" aufschlussreiche Sätze sagt: "Natürlich stehen wir vor einer neuen Entwicklungsstufe in der bayerischen Nachkriegsgeschichte", sagt der Dauer-Kronprinz.

Er zieht einen geschichtlichen Rahmen auf: Strauß habe den bäuerlichen Freistaat zum Industrieland entwickelt, Stoiber ihn zu einem High-Tech-Land gemacht. In Zukunft komme es darauf an, die Chancen von Digitalisierung und Globalisierung zu nutzen. Wer dafür der Richtige sein könnte, muss Söder in diesem Moment nicht mehr dazusagen.

Strauß, Stoiber - Söder?

Fehlt da etwas, die Gegenwart? Den Amtsinhaber Horst Seehofer jedenfalls nennt Söder in der Reihe von Strauß und Stoiber nicht. Vielleicht ja nur deswegen, weil sich das von selbst versteht.

Es passt irgendwie, dass der Stuhl des Ministerpräsidenten am Donnerstag leer bleibt. Seehofer ist in Potsdam bei der Ministerpräsidenten-Konferenz. Möglicherweise hätte er lieber in München die Aufsicht geführt. Vorsichtshalber hat er am Vortag noch die CSU-Fraktion ermahnt, sich nicht aufs Glatteis führen zu lassen und die ungeliebte Nachfolgedebatte nicht durch Ungeschicklichkeiten zu befördern. Seehofer kann sich in Potsdam beruhigt zurücklehnen. In München bleiben alle brav. Auch Söders ernsthafteste Konkurrentin Ilse Aigner sitzt ruhig auf ihrem Vize-Ministerpräsidenten-Platz und applaudiert damenhaft: dezent, aber freundlich.

Aigner hatte selbst vor kurzem eine Regierungserklärung gehalten - sie verlief deutlich schwergängiger als Söders Auftritt: Sie hatte die Energiewende als Thema, ohne viel sagen zu können - weil ja der von ihr begonnene offene Dialog zum Thema noch läuft. Auch in der CSU fanden das so viele unverständlich, dass die Reihen im Parlament unfreundlich leer blieben. Bei Söder ist es am Donnerstag besser gefüllt. Und anders als Aigner hat Söder auch Neuigkeiten zu verkünden. Schon dadurch hebt sich Söders Auftritt deutlich ab aus dem sehr mittelmäßigen Niveau von Regierungserklärungen, wie es in der Seehofer-Regierung üblich geworden ist.

25 Punkte, eingebunden in viele schöne Worte

Söder kündigt mehrere Initiativen an, die vor allem die Online-Anbindung im flachen Land verbessern sollen, und konkretisiert andere schon bekannte Projekte. Insgesamt 25 Punkte kommen so zusammen, eingebunden in viele schöne Worte: "Bayern ist ein wundervolles Land", säuselt der Heimatminister, "der ländliche Raum ist die Seele Bayerns". Und natürlich steht der Freistaat an der Spitze aller Bundesländer. Die Zukunft werde "ein spannender Weg", sagt Söder. "Das Abenteuer geht weiter."

An die Adresse der Opposition mahnt Söder: "Hören Sie zu und zeigen Sie sich begeistert." Doch die will nicht. Söder gebe eine "Ansammlung heißer Luft" von sich, bescheinigt ihm SPD-Planungsexpertin Annette Karl. "Da hilft auch kein Trachtenjanker, wenn Inhalte fehlen." Allerdings lobt sie Söder auch für dessen Initiative zum Anschluss des ländlichen Raums ans Breitband. "Ein Programm, das wirklich ein Durchbruch ist", nennt sie dieses.

Alexander Muthmann (Freie Wähler) meint, Söder habe sich in einem Hochglanzauftritt zum "Herrn der Netze" stilisiert, aber viele Alltagssorgen auf dem flachen Land gar nicht angesprochen: etwa lange Schulwege oder ausgedünnte medizinische Versorgung. Und Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann kritisiert Söders Ankündigung, schwache Kommunen zu stärken: So werde mit Steuergeld "gegen eine Entwicklung ansubventioniert, die man selbst verursacht hat".

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SZ vom 28.11.2014
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