Süddeutsche Zeitung

Hans Schaidinger im BayernLB-Ausschuss:Ungebrochenes Selbstbewusstsein

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Regensburgs OB Schaidinger muss an diesem Dienstag im BayernLB-Ausschuss aussagen. Er ist einer der letzten früheren Verwaltungsräte.

Max Hägler

Bürgerversammlung im Von-Müller-Gymnasium in Regensburg. "Feuer frei", ruft Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Wer irgendetwas auf dem Herzen habe, solle sich nun melden. Ein Student traut sich. Er beklagt, dass sein Bus tagsüber immer überfüllt sei und es nachts praktisch keine Verbindung gebe. Der CSU-Politiker hört zu, nickt und sagt dann, dass er leider keine Besserung versprechen könne. Unter anderem weil der Staat die Zuschüsse stark zusammengestrichen habe.

Was Schaidinger nicht sagt: Die gestrichenen Zuschüsse liegen auch an einem Debakel, das er mit zu verantworten hat. Weil die Bayerische Landesbank sich verspekulierte, musste der Freistaat zehn Milliarden Euro zuschießen. Unter anderem verlor man 3,7 Milliarden Euro, weil die BayernLB die marode Hypo Alpe Adria kaufte. Geld, das im Haushalt fehlt - auch bei den Bussen in Regensburg.

Der Regensburger OB Schaidinger war und ist Verwaltungsrat der Bank und muss an diesem Dienstag im Landtag vor dem Untersuchungsausschuss aussagen. Der Student könnte jetzt kritisch nachfragen, nach Schaidingers Verantwortung für die Milliardenverluste zum Beispiel. Aber der Student nickt nur und setzt sich. Die anderen Regensburger schweigen. Keiner spricht Schaidinger an auf die Vorwürfe. Selbstbewusst führt Schaidinger durch den Abend - so wie er es gewohnt ist. "Kaiser unter den heimlichen bayerischen Königen", nannte Ministerpräsident Horst Seehofer ihn 2009 bei dessen 60. Geburtstag.

Und so tritt Schaidinger auch gerne auf. Vermutlich auch vor dem Untersuchungsausschuss. Er habe beim Kauf der Hypo Alpe Adria nicht vorsätzlich oder fahrlässig eine falsche Entscheidung getroffen, sagte Schaidinger Anfang des Jahres. Die Entscheidung bedauere er zwar "zutiefst", aber er werde deswegen nicht davonlaufen.

Und so ist Schaidinger, der für den Städtetag im Aufsichtsrat sitzt, der letzte der früheren Verwaltungsräte, der dem Gremium nach wie vor angehört. Der gebürtige Freilassinger hat nach dem Volkswirtschaftsstudium den Dienst im Regensburger Amt für Stadtentwicklung begonnen, arbeitete dann sechs Jahre in der freien Wirtschaft.

1996 wählten ihn die Regensburger zum ersten Mal zum Oberbürgermeister. Die Stadt ist seitdem von der Unesco zum Bestandteil des Welterbes ernannt worden. Zudem ist die Stadt auch wirtschaftlich erfolgreich: Auf 150.000 Regensburger kommen 130.000 Arbeitsplätze. Und auch die Einwohnerzahlen steigen. Die Leistung Schaidingers wird - bei aller Kritik an Einzelprojekten - auch von der Opposition anerkannt.

Nicht anders im Bayerischen Städtetag, den Schaidinger seit 2005 führt. Landräte und Bürgermeister wissen zu schätzen, dass sich Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) bei den Verhandlungen zum kommunalen Finanzausgleich an Schaidinger die Zähne ausgebissen hat. "Er bringt sich in bewundernswertem Maße in dieses Amt ein", sagt zum Beispiel der Memminger Oberbürgermeister Ivo Holzinger (SPD). Dafür schätze er ihn sehr, sagt Holzinger.

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, SPD, sagt: "Schaidinger ist ein hervorragender Anwalt der Städte." Es sei sehr positiv für den Städtetag, sagt Ude, dass Schaidinger den Vorsitz trotz aller Konflikte in Regensburg und aller Verluste der Landesbank wahrnehmen könne.

Zuhause führt sein ausgeprägtes Selbstbewusstsein jedoch immer wieder zu Konflikten. FDP, Grüne, ÖDP und Freie Wähler werfen ihm undemokratisches Durchregieren vor - zuletzt gesehen bei der Wahl des Kulturreferenten, bei der Schaidinger bei allen Gegenstimmen im Plenum das Mikro abdrehte. Er weiß es gerne besser und zitiert in solchen Fällen in freier Rede aus der Geschäftsordnung, wirkt überheblich, sogar arrogant.

Der Charakterzug, der ihm bei Verhandlungen mit der Regierung hilft, beförderte die Spaltung seiner eigenen Partei: Weil Schaidinger in Regensburgs CSU allzu autoritär auftrat, haben junge Parteigänger rund um den rechtslastigen Thomas Fürst 2007 so viele CSU-Mitglieder um sich versammelt, dass sie den Kreisverband übernehmen konnten.

Seitdem ist der Kampf zwischen CSU-Fraktion - mehrheitlich das sogenannte Schaidinger-Lager - und der Partei in Regensburg ein Dauerthema. Inzwischen hält sich Schaidinger aus diesem Zwist weitgehend heraus. "Ich muss mir und anderen nichts mehr beweisen", sagt er.

Dem Untersuchungsausschuss allerdings muss er schon beweisen, dass er mit bestem Wissen und Gewissen Aufsicht über die Landesbank führte. Und dort kann er bei missliebigen Fragen auch nicht das Mikro abdrehen.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2010
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