Süddeutsche Zeitung

Straßenbau:Baufirma verwendet falsche Asphaltmischung auf Bundesstraße

Lesezeit: 3 min

Von Christian Rost, Augsburg

Auf der Bundesstraße 17 zwischen Landsberg und Augsburg muss nach nur drei Jahren der Asphalt erneuert werden. Eine Baufirma hat bei der jüngsten Fahrbahnsanierung auf einer Strecke von sechs Kilometern eine falsche Deckschicht aufgebracht. Der Belag ist nicht griffig genug, weshalb sich der Bremsweg von Fahrzeugen verlängern könnte. Und das ist gefährlich. Der ADAC betont, dass die Griffigkeit des Asphalts für die Verkehrssicherheit enorm wichtig sei. Möglicherweise könnten nach einem Unfall sogar Schadenersatzansprüche gegenüber den Straßenbauern geltend gemacht werden, so eine Expertin des Automobilclubs.

Die B 17 ist normalerweise keine sonderlich stauträchtige Verbindung, obwohl auf dieser Strecke auch die Laster der im Lechfeld angesiedelten Logistiker Amazon, DHL und Hermes unterwegs sind. Weil die Straße mit jeweils zwei Fahrspuren gen Nord und Süd autobahnähnlich ausgebaut ist, fließt hier der Verkehr auch dann flüssig, wenn zu Spitzenzeiten die Berufspendler unterwegs sind. Dass auf der Straße täglich immerhin bis zu 70 000 Fahrzeuge im Großraum Augsburg verkehren, zeigt sich erst auf drastische Weise, wenn ein Unfall passiert ist oder gebaut wird - und ein Teil der Straße gesperrt werden muss. Dann stehen die Autos kilometerweit im Stau.

Von Ende Mai an wird es wieder so einen Engpass geben. Die erst vor drei Jahren erneuerte Fahrbahndecke muss ausgetauscht werden, weil die damals beauftragte Baufirma offenbar eine falsche Asphaltmischung verwendet hat. Nun muss sie den Belag auf eigene Kosten erneuern. Zwei Wochen wird das dauern, und etliche Autofahrer werden sich ärgern. Allerdings ist der Straßenbau auch eine komplexe Angelegenheit.

Was da passiert ist, sei der Baufirma unangenehm, so Stefan Scheckinger vom staatlichen Bauamt in Augsburg. Wie der Leiter des Bereichs Straßenbau berichtet, hat die Firma auf dem sechs Kilometer langen Abschnitt südlich von Augsburg eine vier Zentimeter dicke Deckschicht aufgebracht, die nicht genügend Widerstand bietet, also zu glatt ist. Kurz vor Ablauf der dreijährigen Gewährleistungsfrist haben Mitarbeiter der Behörde die Fahrbahn getestet. Sie fuhren den Streckenabschnitt im Bereich Königsbrunn im Landkreis Augsburg mit einem Auto ab, das ein Gummirad hinter sich herzog.

Dabei zeigte sich, dass der Asphalt bei abruptem Abbremsen des Rades nicht ausreichend Halt findet. "Die Rauheit fehlt. Entweder wurde eine falsche Asphaltmischung beim Einbau verwendet oder sie hat sich zu schnell abgeschliffen", sagt Stefan Scheckinger. Jedenfalls muss die Baufirma erneut ran und die Deckschicht auf eigene Kosten erneuern, was mehrere Hunderttausend Euro kostet. "Das ist ärgerlich", meint Scheckinger, es gebe aber keine andere Möglichkeit, als den Straßenbelag abzufräsen und auszutauschen.

"Es darf nicht zu heiß und auch nicht zu kalt sein"

Beim Bau einer Straße sind etliche Faktoren zu beachten. Natürlich die Beschaffenheit des Untergrundes, aber auch die Belastung auf der Strecke. Auf der Autobahn München-Nürnberg beispielsweise sei eine relativ dünne Asphaltschicht mit einer Stärke von eineinhalb Zentimetern eingebaut, berichtet Scheckinger. Dies habe den Vorteil, dass eine Sanierung der Fahrbahn relativ schnell über Nacht erfolgen könne. Bei längeren Sperrungen würde der Verkehr auf der A 9 mit streckenweise bis zu 180 000 Fahrzeugen pro Tag kollabieren.

Eine dickere Deckschicht wie die vier Zentimeter starke auf der B 17 hat den Vorteil, dass sie länger hält. Trotz der vielen Lastwagen auf der Strecke beträgt die Lebensdauer des Asphalts 15 bis 20 Jahre, wie der Leiter des Straßenbauamts sagt. Eine harte Oberfläche habe den Vorteil, dass sich nicht so schnell Spurrinnen bildeten. Andererseits bekomme eine Straße eher Risse, wenn der Belag nicht so elastisch sei.

Asphalt ist eben nicht gleich Asphalt - hier kommt es auf die richtige Mischung an. Bei der Herstellung werden Splittkörner mit einer Größe von zwei bis 32 Millimeter und etwas Sand mit Bitumen zusammengeklebt. Je nach Splittsorte und -größe könne sich die Fahrbahnoberfläche zu schnell abschleifen, so Scheckinger. Um eine optimale Fahrbahnbeschaffenheit zu erreichen, müsse beim Einbau auch auf die richtige Temperatur geachtet werden. "Es darf nicht zu heiß und auch nicht zu kalt sein", so der Straßenbauexperte, der aber auch nicht ausschließen will, dass im Fall B 17 schon beim Hersteller des Asphalts, im Mischwerk, "etwas nicht gepasst hat".

Laut ADAC kommt es nur selten vor, dass falsches Material beim Straßenbau verwendet wird. Solche Fälle könnten sich aber häufen, weil den Asphaltmischungen immer mehr Zusätze beigemengt würden, um die Oberflächenstruktur zu verbessern. "Das macht den Einbau noch komplizierter", so die Expertin.

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Quelle:
SZ vom 16.01.2018
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