Süddeutsche Zeitung

ORH-Kritik an Bayerns Finanzpolitik:Wo es wirklich weh tut

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In der CSU ist man verärgert: Der Rechnungshof bemängelt in seinem Jahresbericht, wie die Staatsregierung mit Steuergeldern umgeht. Die Kritik trifft dabei auch den Kern bayerischer Finanzpolitik - und damit ein Grundprinzip von Horst Seehofer.

Ein Kommentar von Frank Müller

Tief in ihrem Innersten sind Horst Seehofer und Markus Söder davon überzeugt, dass sie etwas Besseres verdient haben als kleinkrämerische Finanzkritik. Lob wäre schön, Anbetung noch besser, letztlich will man geliebt werden für sein segensreiches Wirken für den Freistaat: für die getilgten Milliarden, die schuldenfreien Haushalte, die hohen Investitionsquoten.

Das ist nun aber nicht die Kategorie, in der der Oberste Rechnungshof zu wirken hat. Der ORH ist schlicht dafür da, den Finger auf die Wunde zu legen. Das Aufjaulen der Betroffenen ist sicherstes Indiz dafür, dass das auch diesmal wieder funktioniert hat. Dass die Rechnungsprüfer das durchaus selbstbewusst und nicht ohne Eitelkeit tun, kann den Geprüften ärgern, ist aber eher eine Stilfrage.

Auffällig ist, dass die Jahresberichte des ORH immer deutlicher in zwei Teile zerfallen. Da gibt es die oft kuriosen Einzelfälle, die den Boulevard und die Lokalpresse entzücken. Söders neues Münchner Finanzzentrum ist so ein hübscher Fall mit seiner ambitionierten Glasfassade, die sich so stark aufheizt, dass nun die Kühlanlage im Hochbetrieb läuft, weswegen es jetzt teure Probleme mit der Zugluft gibt. Steuerverschwendung, na klar. Aber was ist die Alternative: Mutlose Standardware zu bauen?

Interessanter und viel bedrohlicher sind die anderen, die grundsätzlichen Anmerkungen, die der ORH nun schon zum wiederholten Mal zur Finanzpolitik Seehofers und Söders macht. Von "rasantem Ausgabenzuwachs" spricht der Rechnungshof. Das sind dann die Punkte, die wirklich weh tun, weil sie nicht auf Versehen beruhen, sondern auf Absicht.

Bayerns Haushalte wachsen zu schnell, mancher pompös gefeierte Etat-Eckwert beruht nur auf gut laufender Konjunktur und ist daher nicht nachhaltig. Das Wohlwollen der Bürger wird durch Geschenke erkauft, und das nicht nur in Wahljahren. Dieses Grundprinzip Seehoferscher Politik kann den Freistaat viel teurer kommen als manche lässliche Bausünde.

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Quelle:
SZ vom 09.04.2014
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