Süddeutsche Zeitung

Nürnberg:Wenn das Semesterticket plötzlich nur noch 2,07 Euro kostet

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In Nürnberg und Erlangen ist es offenbar zu einem Softwarefehler an Fahrkartenautomaten gekommen - sehr zur Freude vieler klammer Studierender.

Glosse von Patrick Wehner

So viel Bewegung gab es im Bereich der Preisentwicklung bei ÖPNV-Tickets schon lange nicht mehr. Vielleicht sogar ein wenig zu viel. Man weiß ja schon gar nicht mehr, welche Preise da jetzt überhaupt noch gelten. Erst klettern die Kosten für Fahrscheine in vielen bayerischen Städten jahrelang so hoch, dass sich mancher Schwarzfahrer schon vorkommt wie der Räuber Kneißl. Dann hagelt es plötzlich aus allen Richtungen Preissenkungsvorschläge.

Erst soll in Nürnberg ein Jahresticket für 365 Euro kommen, kommt dann aber doch nicht. So, wie es zuvor schon in München nicht kam, obwohl es kommen sollte. Dann heißt es, wegen der gestiegenen Energiepreise wird bundesweit ein Monatsticket für neun Euro eingeführt, auf drei Monate befristet. Wie, wo und wann genau? Noch alles im Fluss.

Und plötzlich, wie aus dem Nichts, senken auch noch die Renegaten der Nürnberger Verkehrsbetriebe ihre Preise fürs Semesterticket: von 207 Euro auf sagenhaft niedrige 2,07 Euro. Endlich ein ernstzunehmendes Signal der Politik, dass man die Menschen liebe- und kraftvoll weg vom Auto hin zur Schiene stupsen möchte? Oder doch vielleicht eine große Geste tiefer Dankbarkeit gegenüber Studierenden, die ihre Leben in den vergangenen zwei Jahren zugunsten der restlichen Gesellschaft auf ein Minimum runtergedimmt und uns für geringe Löhne lange Stäbchen in die Nasen geschoben haben? Schön wär's eigentlich. Die Senkung ex machina war aber wohl vielmehr einem Softwarefehler geschuldet.

Jedenfalls sprach sich der geringe Preis rasend schnell herum, Studierende standen am Montagabend in langen Schlangen vor den Fahrkartenautomaten an den Hauptbahnhöfen in Nürnberg und Erlangen. Viele kauften dabei offenbar nicht nur Semestertickets für sich, sondern ließen sich sogar die Matrikelnummer von anderen durchgeben, um ihren Freunden ebenfalls günstige Tickets zu besorgen. Typisch Studenten, denken nicht einfach nur an sich selbst! Wie viele dieser Fahrscheine verkauft wurden, bis der Fehler behoben war und ob sie nun gültig sind, weiß noch keiner so genau. Dass es aber sinnvoll ist, Menschen unter dem Eindruck rasant steigender Energiepreise bei den Kosten für den ÖPNV zu entlasten, ist nicht erst seit diesem Ansturm klar.

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