Süddeutsche Zeitung

Nürnberg:Gedenken an einen Nazi-Sturm

Vor 90 Jahren wüteten SS- und SA-Schergen in einem der stattlichsten Gebäude der deutschen Arbeiterschaft. Eine Aufnahme des Fotokünstlers Christian Höhn erinnert nun daran.

Von Olaf Przybilla

Im März 1933 stürmten die Nationalsozialisten das Verlagsgebäude der Fränkischen Tagespost, einer unter anderem von Philipp Scheidemann herausgegebenen Nürnberger Tageszeitung. Das stattliche Gebäude im Stil der Neuen Sachlichkeit, südlich des Hauptbahnhofs gelegen, war - wie heute - zugleich Sitz der örtlichen Sozialdemokraten und der Arbeiterwohlfahrt. Angeführt vom "Gauleiter" und NS-Politpornografen Julius Streicher wüteten SA- und SS-Schergen tagelang, Inventar und Druckmaschinen wurden demoliert.

90 Jahre danach erinnert eine Arbeit des Fotografen Christian Höhn an die Stürmung eines Gebäudes, das einmal als "zweckmäßigster und schönster Bau" bezeichnet wurde, über den "die deutsche Arbeiterschaft" verfüge. Der Fotokünstler Höhn, unter anderem mit seinen Aufnahmen sogenannter Megacitys bekannt geworden, hat für seine Arbeit eine Perspektive gewählt, mit der die wohl bekannteste Abbildung des mitunter auch "rote Festung" genannten Gebäudes nachempfunden wird.

Das historische Foto zeigt den hell erleuchteten Bau bei Nacht. Mit dem in Auftrag gegebenen Motiv erinnere man daran, "dass Demokratie nicht vom Himmel fällt", formuliert die Historikerin Kerstin Gardill, stellvertretende Vorsitzende der Nürnberg-SPD. 1933 waren dort Redakteure festgenommen und im Hof Bücher, Zeitungen und Schreibmaschinen verbrannt worden.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnte in dem Gebäude wieder die - in den Siebzigerjahren später eingestellte - Fränkische Tagespost erscheinen. Heute gilt das "Karl-Bröger-Haus", benannt nach einem Arbeiterdichter, als eine der architektonisch eindrucksvollsten Parteizentralen in Deutschland.

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