Süddeutsche Zeitung

Nürnberg:So einfach kann Konzertsaal sein

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Nürnberg hat sich nicht nach einer neuen Kulturstätte gesehnt. Doch versprochen von Horst Seehofer, nutzt die Stadt die Gelegenheit nun zum Rundumschlag

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Die München-Veralberung hat in Nürnberg keine so ganz große Tradition. Man ist schon froh, wenn man nicht selbst ständig zum Gegenstand maliziöser Bemerkungen aus dem Süden wird. Aber wenn sich dann doch mal die Gelegenheit bietet: Warum eigentlich nicht? Bei Julia Lehner, der Kulturreferentin der Stadt, hört sich das so an: "München denkt immer noch nach, und Nürnberg handelt." Gemeint ist ein neuer Konzertsaal, und der Satz der CSU-Referentin würde jedem Faktencheck standhalten: Dass München immer noch darüber nachdenkt, bedarf keiner weiteren Erläuterung. Dass Nürnberg derweil handelt, ist inzwischen aktenkundig: Der Stadtrat hat erstens beschlossen, dass ein neuer Saal gebaut wird, nur zwei Räte waren dagegen; zweitens, wo er hinsoll; drittens, dass es einen Konzertsaalkongresszentrumopernausweichspielstättenmasterplan geben muss.

Die ersten beiden Punkte sind die beiden unkomplizierteren. Zwar stand ein neuer Konzertsaal auf dem Wunschzettel der Stadt nie auf einem der ganz vorderen Plätze. Es gibt eben schon einen Saal, die Meistersingerhalle, und es sind nicht nur Freaks der Nachkriegsarchitektur, die diese Schuhschachtel lässig finden, wenn auch zu groß und akustisch problematisch. Aber weil so ein Saal der Stadt förmlich aufgedrängt wurde, hat man sich eben breitschlagen lassen. Horst Seehofer hatte ja - quasi als Nebenprodukt der Münchner Konzertsaaldebatte - der Stadt Nürnberg auch einen Saal versprochen. Jedenfalls eine hohe Beteiligung des Freistaats daran.

Wo dieser Saal gebaut wird, war Ulrich Maly, dem Oberbürgermeister, immer klar. Würde er so nicht zugeben. Weil natürlich, was man so macht, erst ein Gutachten in Auftrag gegeben wurde, das dann sehr nah an die Vorstellungen Malys herankam. Der Sozialdemokrat galt nie als erster Vorkämpfer für einen Konzertsaal. Wenn es um Prestigeprojekte in der traditionell klammen Halbmillionenstadt geht, sagt er gerne: Nice to have. Nicht vorrangig, soll das heißen. Wenn die Stadt aber schon was bekommt, was sie nicht vordringlich haben will - wollte man das Geschenk verbinden mit etwas, was man schon lang haben will respektive muss: ein zusätzliches Kongresshaus und ein Ausweichquartier fürs sanierungsbedürftige Opernhaus. Beides sah Maly am leichtesten verwirklicht neben der Meistersingerhalle, auf einem Parkplatz mit Blick auf einen Park. Keine Zentrumslage, dafür leicht zu erreichen.

Womit man beim Masterplan ist. Dessen grobe Pflöcke sehen vor, dass nach Raumprogramm, Realisierungswettbewerb und Baugenehmigung etwa 2021 ein neuer Saal gebaut und die Meistersingerhalle zum Kongresszentrum umgebaut wird. Und bis 2026 die Oper den Konzertsaal als Ausweichspielstätte nutzt. Die Oper danach wieder zurückzieht in ihr saniertes Haus im Zentrum und ihre Ausweichspielstätte im Stadtsüden bis 2027 zum reinen Konzertsaal umgebaut wird.

Unterm Strich: In zwölf Jahren soll Nürnberg ein neues Konzerthaus haben und eine sanierte Oper, ein Jahr später auch ein neues Kongresszentrum: die jetzige Meistersingerhalle. Die Kosten kann seriös keiner schätzen, im Gespräch sind so 300 Millionen Euro. Der Konzertsaal soll in diesem Paket "auf jeden Fall unter 100 Millionen" kosten, sagt Maly. Dass er quasi erst von der Staatsregierung zu diesem Saal bekehrt werden musste, hält der OB für "Quatsch". Und die Rumkrittelei am Ort nervt ihn. Mit dem Park vor Augen werde das ein wuchtiges "Zentrum der Kultur in Nürnberg", sagt Maly.

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Quelle:
SZ vom 31.07.2015
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