Süddeutsche Zeitung

Nürnberg:Ex-Faschingsprinz soll mit Kokain gedealt haben

Lesezeit: 2 min

Von Olaf Przybilla

Wäre Oliver G. am 11. November 2016 um 11. 11 Uhr nicht ins höchste Narrenamt Nürnbergs inthronisiert worden, sein Prozess wäre einer unter vielen. Aber ein Faschingsprinz, der mit Kokain gehandelt haben soll, muss es sich wohl oder übel gefallen lassen, dass sich die Öffentlichkeit gesteigert für ihn interessiert. Immerhin gab es immer schon Skeptiker, die sich fragen, ob Fasching in Franken ohne Betäubungsmittel zu ertragen ist.

Und natürlich wird jetzt in den Archiven gekramt und jeder Satz des früheren Prinzen noch mal neu gelesen. Zum Beispiel sein Motto, dessen Versmaß so eingängig ist, dass man den Tusch förmlich mitzuhören glaubt: "Fürs Lustigsein gibt es kein Maß, es geht ganz einfach nur um Spaß." Tätää.

Der 37 Jahre alte Ex-Prinz - sein Titel war einmal "Oliver I." - muss sich wegen "bandenmäßigem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge" vor dem Landgericht Nürnberg verantworten und wenn man eines nach dem ersten Verhandlungstag mit Sicherheit sagen kann, dann das: Lustig ist das nicht.

Der Prozess beginnt damit, dass sich auf Antrag hin Verteidigung, Staatsanwalt und Gericht zum Rechtsgespräch zurückziehen. Im Jargon der Justiz-Branche gesprochen heißt das: Sie dealen. Das Ergebnis wird verlesen und spätestens von dem Zeitpunkt an muss Oliver G. klar sein, dass ihm eine lange Gefängnishaft blühen dürfte. Der Staatsanwalt würde - sollte eine umfangreiche Beweisaufnahme tatsächlich nicht vonnöten sein - auf mindestens sieben Jahre Haft plädieren.

Der Anwalt von G. findet, dass es mit fünf Jahren und einer Therapie sein Bewenden haben sollte. Immerhin habe sein Mandant im Wesentlichen Kurierdienste geleistet und sein Auto nur zur Verfügung gestellt, weil ein Geschäftswagen viel "unauffälliger" sei. Außerdem habe er nach seiner Festnahme tatkräftig geholfen, die ganze Sache aufzuklären und habe nicht nur gehandelt mit Kokain, sondern auch selbst "massiv Betäubungsmittel konsumiert". Und überdies habe er einen "geringeren Tatbeitrag" geleistet als seine Hauptkomplizen.

Die beiden sitzen ebenfalls auf der Anklagebank und wollen zunächst ebenso wenig zu den Vorwürfen sagen wie der Ex-Prinz. Laut Anklage sollen alle drei im Frühjahr 2016 übereingekommen sein, in großem Stil zu dealen. Der Ex-Prinz soll für die erste Beschaffungsfahrt nach Spanien 8000 Euro zur Verfügung gestellt haben, außerdem soll er den Stoff in seiner Werkstatt verwahrt und beim Strecken und Verpacken geholfen haben.

Verkauft wurde der Stoff in einem südamerikanischen Lokal in Nürnberg, in dem die beiden Mitangeklagten als Köche tätig waren. Angeklagt wegen Beihilfe ist auch die frühere Faschingsprinzessin Assol I., die Gattin von Oliver I. Für eine Rauschgiftbeschaffungsfahrt soll sie einmal ein Zimmer mit Frühstück in Barcelona gebucht haben. Der Prozess wird fortgesetzt.

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Quelle:
SZ vom 29.09.2017
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