Süddeutsche Zeitung

Niederbayern:Spaziergänger bekommen keine Stromschläge mehr

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Erst hatte der Bürgermeister von Niederaichbach gedacht, "so ein Schmarrn", als er von Stromschlägen unter einer Hochspannungsleitung nahe dem Kernkraftwerk Isar II hörte. Dann stellte er sich selbst darunter.

Es klingt ja auch unglaubwürdig, wenn im Land von TÜV und DIN-Normen plötzlich Spaziergänger berichten, sie würden Stromschläge unter eine Hochspannungsleitung bekommen. Leichte zwar nur, aber die Entspannung in der Natur dürfte dahin gewesen sein.

"So ein Schmarrn" habe er sich gedacht, als er erstmals davon hörte, sagte der Bürgermeister Josef Klaus von Niederaichbach im Herbst. Dann häuften sich die Hinweise im Rathaus der Gemeinde im Landkreis Landshut.

Also machte sich Josef Klaus selbst auf den Weg zur Hochspannungsleitung in der Nähe des Kernkraftwerks Isar II und stellte sich darunter. Oben flossen 380-Kilovolt - unten knisterte es an den Fingern und kribbelte es in den Beinen. Besonders wenn die Wiesen feucht waren.

Aber zum Glück gibt es ja den TÜV, um das Gefühlte mit Fakten zu belegen: Die Gemeinde gab ein Gutachten in Auftrag, berichtet Klaus. Ergebnis: Die Grenzwerte der elektrischen Feldstärke waren überschritten.

Der Rathauschef riet den Anwohnern, die Spazierwege entlang der Stromleitung zu meiden - insbesondere Menschen mit Herzschrittmacher sollten ihrer Gesundheit zuliebe eine andere Route wählen.

Die Leitung hatte schon früher Probleme gemacht: Sie tanzte

Inzwischen hat die zuständige Firma Tennet für Abhilfe gesorgt, wie ein Unternehmenssprecher und der Bürgermeister sagen: Die Phasenzuordnung der Leitungen sei umgestellt worden, erläuterte der Sprecher. Hierfür habe Tennet eine Genehmigung der Regierungen von Oberbayern und Niederbayern einholen sowie ein Zeitfenster festlegen müssen, in dem die Leitung vorübergehend vom Netz genommen werden konnte.

Dem Unternehmen zufolge hatte es Anfang der 1990er Jahre bei Stürmen Probleme mit der Leitung gegeben, weil diese dann "tanzte" und es zu Kurzschlüssen kam. Daraufhin wurde bereits 1994 die Phasenzuordnung der Leitungen umgestellt und zumindest dieses Problem gelöst. Dass das wiederum zu Stromschlägen unter der Leitung führte, sei dem Unternehmen erst vergangenes Jahr mitgeteilt worden.

Zwischen 2022 und 2024 soll die gesamte Leitung erneuert werden. Das sei nach 40 oder 50 Jahren ohnehin fällig, sagte der Sprecher.

Die neue Starkstromleitung tanzt dann hoffentlich weder, noch sorgt sie für unangenehmes Kribbeln.

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