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Nach Rücktritt als CSU-Fraktionschef:Um den "Schüttel-Schorsch" wird es einsam

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Als CSU-Fraktionsvorsitzender in Bayern ist Georg Schmid bereits zurückgetreten. Wegen der Affäre "Georg & Gerti" wird der "Schüttel-Schorsch" für die CSU zunehmend unangenehm - auch weil ihm eine empfindliche Strafe drohen könnte.

Von Stefan Mayr

Nach seinem Rücktritt als Vorsitzender der CSU-Landtagsfraktion steht Georg Schmid vor einem weiteren politischen Absturz. Die Affäre "Georg & Gerti" hat den CSU-Bezirksverband Schwaben dermaßen durchgeschüttelt, dass alle Posten Schmids wackeln: Seine Direktkandidatur im Stimmkreis Donau-Ries, sein Platz zwei auf der Landtagswahl-Liste und sein Vorsitz im Kreisverband.

Viele CSU-Leute sind sich einig, dass Schmid im Wahljahr aus zwei Gründen ein großes Problem für die Partei darstellt: Erstens, weil er über die Beschäftigung seiner Ehefrau für 5500 Euro pro Monat noch kein Wort des Bedauerns geäußert hat - und das Zuverdienst-Konstrukt via Werkvertrag weiterhin verteidigt. Zweitens befürchten etliche Parteikollegen, dass Schmids Ehefrau Gertrud als Scheinselbstständige tätig war. Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, droht dem ehemaligen Innen-Staatssekretär eine empfindliche Strafe.

"Ich kann mir vorstellen, dass sich auf der Liste noch was ändern wird", sagt der Augsburger Landtagsabgeordnete Max Strehle, "die Liste soll ja zugkräftig sein." Ein anderes einflussreiches Partei-Mitglied, das nicht genannt werden will, sagt: "Es kann nicht sein, dass Schmid als normaler Abgeordneter auf Platz zwei antritt und Staatskanzlei-Chef Kreuzer nur auf Platz 20." Ein Parteikollege kündigt bereits an: "Kreuzer wird wohl auf Platz zwei gesetzt und Schmid als Direktkandidat in die alphabetische Reihung." Sollte dies umgesetzt werden, würde Schmid auf Rang 24 landen, also an drittletzter Stelle.

"Die Stimmung in der CSU Schwaben war schon mal besser", räumt Bezirkschef Markus Ferber ein. Zur Listen-Diskussion sagt er: "Ich sehe derzeit keine Veranlassung, die Liste nochmals aufzuschnüren." Das klingt zunächst eindeutig. Doch das Wörtchen "derzeit" lässt viel Spielraum. Am Rande der Vorstands-Klausur in Andechs wird Ferber das weitere Vorgehen mit CSU-Chef Seehofer beraten. Es ist auch denkbar, dass eine Listen-Änderung verworfen wird, denn hierzu müsste nochmals eine Bezirks-Delegiertenversammlung einberufen werden. Demnächst will der Bezirksvorstand entscheiden, ob er diesen Aufwand auf sich nehmen will.

Selbst im CSU-Kreisverband Donau-Ries, den Schmid bis vor einer Woche ungefährdet beherrschte, schwindet der Rückhalt. Am Sonntag trifft sich der Kreisvorstand, aus aktuellem Anlass wurden extra die Ortsvorsitzenden dazugeladen. Vor dieser Runde muss sich Schmid einer Art Anhörung stellen. "Ich erwarte, dass er zum Ausdruck bringt, dass sein Verhalten nicht richtig war", sagt CSU-Landrat Stefan Rößle. Ähnlich kritisch äußert sich der Nördlinger Bundestags-Abgeordnete Ulrich Lange: "Wir sind schockiert und werden darüber reden, wie sich die CSU Donau-Ries künftig aufstellen will." Am 17. Mai wird der Kreisvorstand neu gewählt, Schmids Wiederwahl ist alles andere als sicher.

Zudem droht Schmid ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Sozialversicherungsbetrug, falls seine Frau als Scheinselbstständige für ihn tätig war. Im Gewerberegister Donauwörth ist Gertrud Schmid zwar mit einem "Büro- und Schreibservice" verzeichnet, als Betriebsstätte ist das gemeinsame Wohnhaus angegeben. Doch am Hauseingang gibt es kein Firmenschild. Auch im Internet taucht der Betrieb nicht auf, sondern nur Gertrud Schmid als Privatperson.

"Wenn sie auf dem Markt nicht auftritt, spricht das für Scheinselbstständigkeit", sagt der Augsburger Fachanwalt für Arbeits- und Strafrecht, Nicol Andreas Lödler. Es gebe aber auch Faktoren, die für eine unternehmerische Tätigkeit sprechen. Eine Anfrage der Süddeutschen Zeitung nach den Details des Werkvertrags hat Georg Schmid bislang nicht beantwortet. Wer Gertrud Schmids Telefonnummer anruft, landet bei einem Faxgerät. Anwalt Lödler will die Causa Schmid nicht bewerten, "man muss jeden Einzelfall prüfen." Er äußert sich nur grundsätzlich: "Wenn mehr als 50.000 Euro Sozialversicherungsbeträge vorenthalten wurden, kommt man mit einer Geldstrafe nicht mehr davon." Die Höchststrafe beträgt fünf Jahre.

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SZ vom 27.04.2013
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